
Hamburg, 8. Dezember 2023. So viel Anerkennung erfährt Deutschland selten. „Deutschland ist Vorreiter und globales Vorbild für eine schnelle Energiewende“, sagte Norwegens Kronprinz Haakon bei der Eröffnung des „Norwegian German Business Summit“ in der Handelskammer Hamburg. „Sie haben bemerkenswerte Fortschritte beim Ausbau Ihres Anteils erneuerbarer Energien, insbesondere Solar- und Windenergie, erzielt. Auch beim Plan zum Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 haben Sie Führungsstärke und Weitblick bewiesen. Wir bewundern Ihre Leistungen.“
Norwegen arbeite beim grünen Wandel eng mit Deutschland zusammen, betonte der Kronprinz. „Was haben wir getan? Haben wir genug getan? Leider lautet die ehrliche Antwort auf diese Frage bisher: nein – wir haben nicht genug getan und kommen nicht schnell genug voran“, mahnte er in seiner Rede. „Aber diese Konferenz ist Teil der Lösung, Teil unseres umweltfreundlicheren Weges nach vorne.“
Die Konferenz in Hamburg sollte dazu dienen, die Vereinbarungen zum Aufbau einer strategischen Partnerschaft in den Bereichen Klima, erneuerbare Energien und grüne Industrie, die beide Länder im Januar dieses Jahres unterzeichneten, weiter voranzubringen. Während der ersten Diskussionsrunde des „Norwegian German Business Summit“ mit dem norwegischen Industrieminister Jan Christian Vestre, dem Energieminister Terje Aasland und der Hamburger Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard erläuterten die norwegischen Politiker, warum Deutschland für Norwegen in der grünen Umstellung ein so wichtiger Partner ist. Beide Länder würden sich wirtschaftlich gut ergänzen, Deutschland verfüge über gute Technologien, gute Leute und sei eine der besten Industrienationen der Welt, erklärte Industrieminister Vestre. Das mobilisiere private Unternehmen in Norwegen. Sie können beispielsweise bei der Dekarbonisierung der deutschen Stahlindustrie helfen. Wichtig sei es jetzt, die Projekte zu konkretisieren.
Energieminister Aaland sieht als mögliche Felder der Zusammenarbeit die Zulieferung von Wasserstoff nach Deutschland, die Schaffung eines Marktes für Wasserstoff in Deutschland sowie den Transport und die Lagerung von Kohlendioxid in Norwegen. Auch die Zusammenarbeit im Bereich der Offshore-Windindustrie sein ein attraktives Feld für die Unternehmen beider Länder. „Wir müssen alles auf einmal tun und jede verfügbare Technologie nutzen, die nachhaltig und sicher ist“, sagte der Minister.

Im anschließenden Panel informierte Remi Eriksen, Präsident und CEO der norwegischen Klassifizierungs- und Zertifizierungsgesellschaft DNV, über die Ergebnisse des aktuellen Energy Transition Outlook, den die DNV jährlich veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass fossile Energieträger von 2017 bis 2022 49 Prozent des neuen Energiebedarfs ausmachten. Erneuerbare Energieträger decken damit nur die Hälfte des gestiegenen Energiebedarfs und tragen nicht dazu bei, die weiterhin steigenden fossilen Energieträger zu ersetzen. Insbesondere seien die Emissionen im Transportsektor gewachsen. Der Einsatz von mehr Wasserstoff in der Infrastruktur sei notwendig, sagte Eriksen. Allerdings sei Wasserstoff sehr teuer. Regierungen könnten die Transformation unterstützen, indem sie eng mit privaten Firmen zusammenarbeiten, zügig die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und finanzielle Unterstützung für einzelne Projekte gewähren. Konkret fordert er von der Politik Differenzverträge, um die Kosten der Einführung neuer Technologien zum Schutz des Klimas in den Griff zu bekommen. Daniel Hacki, Head of Energy Transition EnBW, sieht die Energiewende als ein komplexes Puzzle, das in kürzester Zeit zusammengesetzt werden muss. Man müsse die Dinge auf kommerzielle Weise miteinander verlinken. Im August dieses Jahres hat EnBW eine zehnprozentige Beteiligung an dem norwegischen Unternehmen Skipavika Green Ammonia (SkiGA) erworben und sich damit exklusiv Abnahmerechte für grünes Ammoniak gesichert.
Im Panel zur Nachfrage nach Wasserstoff kündigte der Präsident und CEO des norwegischen Konzerns Höegh LNG Holdings Ltd., Erik Nyheim, die Bereitstellung von schwimmenden Terminals an, mit denen Wasserstoff ab 2028 nach Deutschland geliefert werden kann. Höegh LNG ist weltweit führend beim Transport von Flüssiggas (LNG). Jetzt will das Unternehmen seine Expertise auf den Transport und die Lagerung von Wasserstoff ausweiten.
Rune Baustad, Study Manager des norwegischen Pipelinebetreibers Gassco, und Kim Malin Lakeit, Team Leader H2-Technologies and Value Chains der Deutschen Energie-Agentur DENA, stellten erste Ergebnisse der gemeinsamen Machbarkeitsstudien zum Bau von Pipelines für den Transport von Wasserstoff und CO2 zwischen Deutschland und Norwegen vor, die im Januar 2023 von den Regierungen beider Länder in Auftrag gegeben wurde. Ziel der H2-Studie ist es zu überprüfen, ob eine Wasserstoff-Wertschöpfungskette von Norwegen nach Deutschland sowohl technisch als auch kommerziell machbar ist. Wie Baustad erklärte, sei der technische Teil der Studie abgeschlossen und geprüft. Technisch sei der Transport kein Problem. Nun müsse man weiter daran arbeiten, die Wirtschaftlichkeit der H2-Pipeline zu prüfen.

Wie Kim Malin Lakeit erklärte, hätten etwa 30 Unternehmen in Deutschland einen hohen Bedarf an Wasserstoff. Die Pipeline könne entsprechend der Untersuchungen sowohl in Zeebrügge als auch in Wilhelmshafen anlanden.
Bezüglich der Studie zum Transport von Kohlendioxid nach Norwegen sieht Lakeit einen positiven Aspekt darin, dass bereits 17 Unternehmen eine Lizenz zur Speicherung von CO2 unter auf dem norwegischen Festlandsockel besitzen. Allerdings gebe es von deutscher Seite noch keine Erlaubnis zum Export von CO2 ins Ausland.
Beide Studien sollen in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.
Im Panel zur maritimen Industrie ging es um das Für und Wider des Einsatzes von Wasserstoff und Batterien im Schiffsverkehr. Schlüsselfragen seien hier die Kosten und die Sicherheit.

Kronprinz Haakon demonstrierte seinen Einsatz für den Klimawandel unter anderem damit, dass er mit der Bahn von Hamburg nach Berlin in einem regulären ICE zur Teilnahme an den Feierlichkeiten anlässlich des Mauerfalls und zu Gesprächen mit dem Bundespräsidenten und dem Bundeskanzler fuhr.