
Kassel/Hamburg, 27. Oktober 2022. Klaus Langemann, SVP Carbon Management and Hydrogen bei Wintershall Dea, hat sich am 27. Oktober auf dem CCUS-Forum (Carbon Capture, Utilisation and Storage) in Oslo klar für eine Anwendung der CCUS-Technologie auch in Deutschland ausgesprochen. „Mit CCS gelangen Emissionen nicht in die Atmosphäre, sondern werden unter dem Meeresboden sicher gespeichert. CCS entwickelt sich zu einer Schlüsseltechnologie zur Reduzierung von CO2 und hier dürfen Deutschland und Europa den Anschluss nicht verlieren“, erklärte Langemann auf der von der EU-Kommission und dem norwegischen Erdöl- und Energieministerium ausgetragenen Konferenz. Sie hat zum Ziel, die Einführung der Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung in Europa voranzubringen.

Action, European Commission. Die Panel-Teilnehmer diskutierten darüber, wie die Lagerung von CO2 als Geschäftsmodell funktioniert.©Screenshot.
Derzeit bestehen in Deutschland noch rechtliche Hürden, etwa um das Kohlendioxid zu Lagerstätten außerhalb Deutschlands zu transportieren. Deutschland müsste beispielsweise das London-Protokoll ratifizieren und bilaterale Abkommen mit CO2-Empfängerländern abschließen. Dänemark und Belgien haben im Oktober ein solches Abkommen geschlossen, das den Transport von CO2 über Landesgrenzen hinweg möglich macht. „Deutschland sollte dem Beispiel von Dänemark und Belgien folgen, um als Industriestandort wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Langemann. Dies sei zum Beispiel für die Stahl-, Zement- und Chemieindustrie wichtig, in deren Produktionsprozessen auch künftig große Mengen CO2-Emissionen anfallen werden.
Langemann stellte im Panel „CO2 storage – can we create a business case?“ die Vorhaben von Wintershall Dea im Bereich CCS vor. Der Bau einer Pipeline zum Transport von Kohlendioxid zwischen Deutschland und Norwegen, das Wintershall Dea gemeinsam mit den norwegischen Energiekonzern Equinor realisiert, sei ein sehr wünschenswertes Projekte, aber bis zur Fertigstellung einer solchen Pipeline stünden auch andere Transportmöglichkeiten zur Verfügung. Dabei seien Kooperationen in der Wertschöpfungskette sehr wichtig. Wettbewerb spiele momentan noch keine Rolle, da die Nachfrage nach dieser Veriante der Dekarbonisierung hoch sei, letztlich auch, weil CCS die preiswerteste Möglichkeit für viele Unternehmen im Vergleich zu Elektrifizierung oder dem Einsatz von Wasserstoff sei, die Emissionen zu senken
Bezüglich der Zusammenarbeit mit Behörden erklärte Langemann, dass Wintershall Dea mit seinen CCS-Projekten hinter anderen Akteuren zeitlich etwas zurück liege und insofern nicht das erste Unternehmen sei, mit dem sich Behörden bezüglich CCS beschäftigen. Sein Team sei permanent im Gespräch mit den Behörden und würde hier auf eine große Offenheit stoßen. Die bisher ausgearbeiteten Projekte hätten dabei viel mit den Prozessen in der Öl- und Gasindustrie zu tun. Es sei allerdings ein anderes Business. Insgesamt habe das Unternehmen gute Erfahrungen im Kontakt zu den Behörden gemacht.

Climate of the Netherlands, Chris Davies, former MEP and rapporteur of the CCS Directive, Max Dalheimer, German Federal Ministry for Economic Affairs and Climate Action©Screenshot
In die Diskussion zu strategischen Visionen stieg Chris Davies, ehemaliges Mitgliedes des Europäischen Parlaments und Berichterstatter für die CCS Directive, mit der Bemerkung ein „Deutschland – die industrielle Superpower Europas. Ein großer Teil der Emissionen in Europa kommen aus Deutschland. Sie werden CCS brauchen.“ Max Dalheimer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, der an dem Panel „Strategic Vision for CCS and CCU“ teilnahm, ließ allerdings wenig Visionen bezüglich des CCS-Einsatzes in Deutschland erkennen. In der Vergangenheit sei diesbezüglich nicht viel passiert, sagte Dalmeier. Das habe sich in den letzten Monaten geändert. Die Regierung evaluiere jetzt die Rahmenbedingungen. Man arbeite an den rechtlichen Rahmenbedingungen. „Ich hoffe, dass die Regierung im nächsten Jahr entscheidet.“
Vor einer Woche habe das Ministerium eine Diskussion mit Umweltverbänden und Akteuren aus der Industrie gestartet. „Diese mögen CCS nicht“, sagte Dalmeier. Und die Bevölkerung insgesamt wisse nicht viel darüber. Das sei eine Herausforderung. Allerdings sei die Einstellung der NGOs gegenüber dieser Technologie schon deutlich positiver als beim ersten Versuch, CCS in Deutschland zu etablieren. Dalheimer stellte das Bundesland Nordrhein-Westfalen als Champion bezüglich der Entwicklung einer CCS-Strategie in Deutschland dar. NRW habe bereits eine Strategie entwickelt und einige große Firmen kämen mit ihren Projekten gut voran. Auch hob er hervor, dass die Forschung zu CCS in Deutschland weit entwickelt sei.
In Norwegen wie auch in Dänemark ist Offshore-CCS politisch und gesellschaftlich akzeptiert. In beiden Ländern sind bereits Projekte – auch mit Beteiligung von Wintershall Dea – gestartet. Bei dem Projekt Greensand in der dänischen Nordsee ist eine erste CO2-Einspeicherung bereits Anfang 2023 geplant. Zudem ist Wintershall Dea Betriebsführer der Luna CO2-Speicherlizenz in der norwegischen Nordsee, die ein geschätztes CO2-Speicherpotenzial von bis zu fünf Millionen Tonnen pro Jahr hat. Im Rahmen des Projektes NOR-GE kooperiert Wintershall Dea mit Equinor: Ab 2032 sollen jährlich rund 20-40 Millionen Tonnen CO2 von Deutschland zunächst verschifft und später per Pipeline nach Norwegen zur dortigen Einlagerung unter dem Meeresgrund transportiert werden. Das entspricht etwa 20 Prozent der gesamten deutschen Industrieemissionen pro Jahr.
Die Internationale Energieagentur (IEA) und der Weltklimarat sprechen sich für die Abtrennung und Einlagerung von CO2 (Carbon Capture and Storage – CCS) aus, damit die EU ihre Klimaziele erreicht. Insbesondere nicht-vermeidbare Emissionen aus der Industrie können so deutlich reduziert werden.