
Oslo, 19. Mai 2022. Die Norwegische Direktion für Wasserressourcen und Energie (NVE) warnt vor einer Stromknappheit. Bis 2030 wird die Strombilanz das Stromsystem sowohl in Norwegen als auch in den nordischen Ländern herausfordern, heißt es einem Bericht zur norwegische und nordische Energiebilanz bis 2030, den die NVE im Auftrag des Ministerium für Erdöl und Energie erstellt und jetzt veröffentlicht hat.
„Der Effekt ist, dass wir auch am kältesten Wintertag immer genug Power haben. Energie war früher kein Problem in Norwegen, aber in den kommenden Jahren bewegen wir uns in Richtung eines strafferen Stromgleichgewichts. Es wird wichtig sein, die Entwicklungen in den kommenden Jahren zu verfolgen“, sagt NVE-Direktor Kjetil Lund. Die Analyse zeigt, dass der norwegische Strombedarf je nach verwendetem Verbrauchsszenario bis 2030 um zwei bis sechs GW steigen könnte. Im gleichen Zeitraum erwartet die NVE nur einen moderaten Anstieg des verfügbaren Winterstroms aus Produktion um etwa 0,6 GW.
Grundsätzlich könne Norwegen in Zeiten mit negativer nationaler Strombilanz Strom importieren. Da sich aber ganz Europa auf ein wetterabhängigeres Stromsystem zubewegt und es in mehreren Ländern gleichzeitig zu Situationen mit geringer verfügbarer Stromproduktion kommen kann, können Importe schnell teuer werden, so Lund weiter. Zudem seien der Strombedarf und Produktionskapazität ungleich über das Land verteilt. Während einige Gebiete ihren Strombedarf auch in engsten Situationen selbst decken könnten, seien andere Gebiete bei hohem Verbrauch und geringem Stromangebot auf Importe angewiesen. Dies gelte insbesondere für die östliche Region, die besonders importabhängig sein werde und daher anfällig für Engpässe.
NVE hat den Bericht in Zusammenarbeit mit dem norwegischen Netzbetreiber Statnett durchgeführt, das seine eigenen Einschätzungen der zukünftigen Stromversorgungssituation aus Sicht des Systembetriebs vorgenommen hat. Statnett erwartet, dass die großen Trends in Richtung 2030 zu einem anspruchsvolleren Systembetrieb führen werden. Eine erhöhte Windenergieproduktion sowohl in der nordischen Region als auch in Nordeuropa erhöht den Bedarf an Reserven, während gleichzeitig der Zugang zu billigen Reserven eingeschränkt wird. Zusammengenommen bedeuten diese Trends, dass Statnett bis 2030 mit steigenden Reservekosten rechnet.
Bei der Strombilanz gehe es um die Fähigkeit des Stromnetzes, norwegische Endverbraucher zu jeder Jahreszeit und unter wechselnden Wetterbedingungen mit Strom zu versorgen. Die Energiesysteme in den Ländern um Norwegen herum, aber auch in Norwegen, würden großen Veränderungen unterliegen. Eine stärker wetterabhängige und schwankende Stromerzeugung, stärker integrierte Strommärkte und ein erhöhter Stromverbrauch für immer neue Zwecke würden mehr vom norwegischen Stromsystem erfordern, heißt es in einem Artikel „Ein fossilfreies Energiesystem braucht mehr Strom“ auf der Website von Statnett.
NVE hat die Bewertung der Strombilanz in Zusammenarbeit mit Statnett durchgeführt, das seine eigenen Bewertungen der zukünftigen Stromsituation aus Sicht des Systembetriebs vorgenommen hat. Statnett erwartet, dass die großen Trends in Richtung 2030 zu einem anspruchsvolleren Systembetrieb führen werden. Die erhöhte Windenergieproduktion sowohl in der nordischen Region als auch in Nordeuropa erhöht den Bedarf an Reserven.
Norwegen verbraucht jährlich knapp 140 TWh Strom. Dieser Verbrauch ist nicht konstant, sondern variiert sowohl über das Jahr als auch von Stunde zu Stunde stark. Ein Maß für diese Variation ist die Leistung, die angibt, wie viel Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt verbraucht wird. Leistung wird kontinuierlich gemessen, oft aber auch als Energie pro Stunde mit der Maßeinheit Watt angegeben.
Der höchste in Norwegen gemessene Stromverbrauch wurde am 12. Februar 2021 gemessen und lag bei über 25 GW. Um ein stabiles Stromversorgungssystem zu gewährleisten, müsse jederzeit ein Leistungsgleichgewicht im System vorhanden sein. Das bedeute, dass immer so viel Strom produziert oder in das Stromnetz eingespeist werden muss, wie verbraucht oder exportiert wird.
Im ersten Quartal 2022 gab es zwischen den norwegischen Preisgebieten hohe Differenz. Südnorwegen hatte historisch hohe Strompreise, teilweise aufgrund niedriger Stauseen und hoher Strompreise in Europa. Eine bessere Ressourcensituation im Norden und Einschränkungen im Stromnetz haben hier zu deutlich niedrigeren Strompreisen geführt.
Zum Ende des ersten Quartals lag die Füllquote der norwegischen Stauseen bei 27 Prozent und damit 9,3 Prozentpunkte unter dem historischen Median. Im gesamten Quartal gab es große Unterschiede im Füllungsgrad zwischen den südlichen und nördlichen Preislagen.

Finden Sie hier die Zuarbeit von Statnett zum NVE-Bericht: Herausforderungen und Lösungen im Zusammenhang mit der Entwicklung des Strombedarfs in Norwegen und in Europa
Lesen Sie hier eine Zusammenfassung von NVE zur künftigen Energiesituation in Norwegen.