
Von Torgeir Larsen, Norwegens Botschafter in Berlin
Ein Nationallöwe hängt im Fußballstadion von Eintracht Frankfurt. Dass dieser Verein als erster Fußballverein Europas ein Honorarkonsulat hat, ist kein Zufall, ebensowenig, dass es sich um ein Konsulat aus Norwegen handelt mit Axel Hellmann, Vorstandssprecher der Eintracht, als Konsul.
Keine Fußball-Liga übertrifft den Zuschauerschnitt der Bundesliga. Über alle gesellschaftlichen Schichten hinweg dominiert Fußball als deutscher Nationalsport. Bisher kamen in dieser Saison durchschnittlich 43.000 Zuschauer zu jedem einzelnen Bundesliga-Spiel. Das bedeutet im Grunde ein volles Haus. Englands Premier League hat einen deutlich niedrigeren Durchschnitt, und die durchschnittlichen Zuschauerzahlen von Spaniens La Liga liegen sogar noch darunter.
Der deutsche Fußball unterscheidet sich von anderen Modellen. Als Clubmitglied können Sie in Deutschland für 200 NOK ein Champions-League-Spiel von der Tribüne aus verfolgen. Wo englischer und spanischer Spitzenfußball globale Exportunternehmen sind, zeichnet sich das deutsche Modell durch Mitgliedereinfluss und Vereine aus, die sich in ihren eigenen Gemeinden nach innen orientieren. Wenn deutsche Fußballfans gefragt werden, warum sie ihre Fußballmannschaft unterstützen, sagt eine Mehrheit, dass ihre Mannschaft Traditionen (69 %) und Werte (68 %) vertritt, die sie selbst unterstützen. Eine Minderheit (43 %) gibt als Hauptgrund die räumliche Nähe oder den Wohnort an.
Viele Norweger machen Fußball-Pauschalreisen nach Liverpool oder Manchester, deren Vereine „Touristentickets“ in der ganze Welt vertreiben. Dafür ist in Deutschland kein Platz. Die Gastmannschaft bekommt bis zu zehn Prozent der viel günstigeren Tickets – der Rest des Stadions wird von den Mitgliedern und treuen Anhängern der Heim-Mannschaft bis zum Rand gefüllt.
Mit Ausnahme von Bayern München können die deutschen Klubs bei Einnahmen und Spielergehältern nicht mit der Premier League mithalten. Damit können die meisten gut leben – geht es doch darum, die Nachhaltigkeit und Verankerung des Fußballs in Deutschland zu sichern. So auch der Spitzenklub Eintracht Frankfurt mit 120.000 Mitgliedern und einem Stadion, das sich ein- bis zweimal pro Woche mit 50.000 Zuschauern füllt. Soziale Verantwortung, Verankerung im eigenen Umfeld und die Mitgliedschaft stehen im Mittelpunkt. Das Geschäftsmodell der Eintracht konzentriert sich auf die Fans und die Millionen Einwohner Frankfurts und des Landes Hessen, wo keine Institution eine größere verbindende Kraft hat als die Eintracht. Davon profitiert auch Norwegen.
Die Verbundenheit zwischen der Eintracht und Norwegen ist über Generationen von Norwegern im Verein geprägt. Als größte Legenden des Vereins wird Jan Åge Fjørtoft gefeiert. Fjørtoft ist noch immer häufig in Frankfurt zu Gast. Zusammen mit dem Vorsitzenden des Vereins, Axel Hellmann, ist Fjørtoft ein zentraler Bestandteil des Eintracht-eigenen Netzwerks „Friends of Norway“. Dieses Netzwerk schafft weit über den Fußball hinaus Kontakte zwischen Hessen und Norwegen – von grüner Energie über Digitalisierungsprojekte und Wirtschaftskooperationen bis hin zur Politik. Niemand hat im Deutschen Bundestag einen größeren Fußball-Fanclub als die Eintracht – an dessen Spitze Omid Nouripour steht, Fraktionsvorsitzenden der regierenden Grünen.
Als Norwegen vor etwas mehr als einem Jahr einen neuen Honorarkonsul in Hessen suchte, lag es nahe, Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht zu fragen. Honorarkonsuln werden nicht bezahlt, und die Honorarkonsulate werden meist mit Mitteln aus den Unternehmen betrieben, mit denen die Konsuln verbunden sind. Für die norwegische Botschaft in Berlin und das Außenministerium in Oslo sind die Konsulate zentrale Anlaufstellen, wenn norwegische Staatsbürger oder Unternehmen in einem Staat Hilfe benötigen. Am wichtigsten für Norwegen sind die Netzwerke der Honorarkonsuln in den Bundesländern.

Deutschland ist ein Land, in dem vieles von den Bundesländern entschieden wird – und in Hessen gibt es wenige Menschen, die in Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik so vernetzt sind wie Axel Hellmann. Neben seiner Führungsposition bei der Eintracht ist er auch Präsidiumsmitglied des Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) mit 7,1 Millionen deutschen Mitgliedern.
Norwegens neues Honorarkonsulat in Hessen – mit Hellmann als Konsul – wurde vor gut einem Monat in den Räumlichkeiten der Eintracht eröffnet. Im Vorfeld der eigentlichen Eröffnung versammelte unser neuer Konsul das gesamte deutsche A-Team der Investmentbanken und -institute sowie das Botschafts-A-Team der norwegischen Energieakteure zu einem gemeinsamen Runden Tisch. Das Team war eine Investition in die zukünftige europäische Energieinfrastruktur im Anschluss an die norwegisch-deutsche Zusammenarbeit zur industriellen Energiewende.

Gleichzeitig erstrahlte das Stadion der Eintracht am Abend der feierlichen Eröffnung des Honorarkonsulates in den Farben der norwegischen Flagge. 68.000 Fluggäste konnten dieses Spektakel beim Start und bei der Landung des nahegelegenen Frankfurter Flughafens bewundern. Deutsche und spanische Twitter-Nutzer interpretierten es als sicheres Zeichen dafür, dass Erling Braut Haaland auf dem Weg von Manchester nach Frankfurt ist. (Ist er nicht.)
Seit Eröffnung des Honorarkonsulats strömen jede Woche bis zu 100.000 Fußball-Fans auf dem Weg ins Eintracht-Stadion an Norwegens neuem Honorarkonsulat in Frankfurt am Main vorbei – an der symbolträchtigen Adresse „im Herzen Europas 1“.
Berlin, 14. März 2023
Der Beitrag wurde am 12. März 2023 von der norwegischen Tageszeitung Dagens Næringsliv veröffentlicht. Wir danken für die Möglichkeit der Veröffentlichung auf BusinessPortal Norwegen. Finden Sie hier den Betrag des Botschafters auf der Website von Dagens Næringsliv in norwegischer Sprache.