Anfang Dezember unterzeichneten der Eigentümer der DEA Deutsche Erdoel AG, LetterOne, und BASF eine Absichtserklärung über einen Zusammenschluss der beiden deutschen Öl- und Gasunternehmen DEA und Wintershall. Am 1. Januar dieses Jahres trat die Norwegerin Maria Moraeus Hanssen ihren neuen Posten als Vorstandsvorsitzende der DEA Group an. BusinessPortal Norwegen sprach mit ihr über die Ziele der Fusion, die Pläne der DEA in Norwegen und die aktuellen Herausforderungen der Öl- und Gasindustrie.
Frau Moraeus Hanssen, Sie starten Ihren neuen Job als Vorstandsvorsitzende der DEA Group in einer aufregenden Zeit. DEA und Wintershall wollen sich in diesem Jahr zu einer Firma zusammenschließen, Wintershall wird die Mehrheit an dem neuen Unternehmen halten. Dann wird es keinen CEO der DEA Group mehr geben. Wo sehen Sie Ihren Platz nach dem Merger?
Die deutsche Öl- und Gasindustrie durchschreitet gerade eine Phase der Konsolidierung. Das ist in Norwegen vor zehn bis 15 Jahren passiert. Hinter dem geplanten Zusammenschluss von DEA und Wintershall steckt das Interesse, einen Global Player zu schaffen, der im Wettbewerb mit anderen Playern in der Top-Liga bestehen kann. Wenn der Zusammenschluss Realität wird, wird Wintershall DEA eines der größten unabhängigen europäischen Explorations- und Produktionsunternehmen mit einem signifikanten Wachstumspotenzial sein. In solch einem Unternehmen wird es eine Menge interessanter Jobs für mich und meine Kollegen geben.
Worin besteht der größte Nutzen der Fusion im Geschäft mit Norwegen?
Während verschiedene bedeutende Player ihr Exposure in Norwegen in den vergangenen Jahren reduzierten, haben DEA und seine Eigentümer verschiedene Schritte unternommen, um ihr Engagement auf dem Norwegischen Kontinentalschelf auszubauen. Wenn der Zusammenschluss mit Wintershall zustande kommt, wird das neue Unternehmen ein großer Player sein – die Nummer vier auf dem Norwegischen Kontinentalschelf. Wir sind dann in der Lage, mehr zu investieren und können größere Aufgaben und mehr Verantwortung übernehmen. Das sollte ein Vorteil für unsere Partner und für die norwegischen Behörden sein. Außerdem wird Wintershall DEA ein attraktiver Arbeitgeber mit einem profunden Portfolio.
Die neue Firma ist größer, aber noch nicht groß. Sind weitere Zusammenschlüsse denkbar?
Der geplante Merger ist ein bedeutender Schritt, um unser Wachstumspotenzial zu erreichen. Ein Börsengang über ein Initial Public Offering (IPO) ist mittelfristig eine Option. Das ist eine sehr aufregende Perspektive für das gemeinsame Unternehmen.
Welche Ambitionen hat die neue Firma in Norwegen? Welche Rolle will Wintershall DEA spielen und welche Investitionen sind geplant?
Es ist zu früh, um so zu reden, als wäre die Fusion bereits in trockenen Tüchern. Deshalb kann ich nur erklären, was DEA auf dem Norwegischen Kontinentalschelf plant. Bis 2020 will unsere Firma etwa 20 Milliarden NOK in dieser Region investieren. Unser operatives Entwicklungsprojekt Dvalin ist sowohl was die Kosten als auch den Zeitplan betrifft voll im Plan, und wir sind stolz auf unsere Fähigkeit, Wertschöpfung aus einem Gasfeld zu generieren, indem wir die existierende Infrastruktur nutzen. Wir sind darüber hinaus in viele der wichtigsten Projekte auf dem Kontinentalschelf involviert, beispielsweise in das Erweiterungsprojekt des Snorre-Feldes und in Njord Future, bei dem Statoil, unser Partner und Betriebsführer von Njord, eine ausgezeichnete Arbeit leistet, indem es die norwegische Serviceindustrie nutzt, um die Wertschöpfung aus diesen Feldern zu erhöhen.
Wir sind Betreiber einer geplanten Explorations-Bohrung und sind in drei Bohraktivitäten involviert, die von Partnern betrieben werden Unser Portfolio spiegelt die Attraktivität des Norwegischen Kontinentalschelfs wider – eine Öl-Provinz, in der ein signifikantes Potenzial steckt, sowohl in entwickelten als auch in weniger erkundeten Gebieten.
Ist Ihr Unternehmen mutig genug, auch in die Erkundung und Entwicklung in noch nicht erschlossenen Gebieten zu investieren, zum Beispiel in der Barentssee?
Mit den Ergebnissen, die wir mit unsere Erkundungen in der Barentssee erreicht haben, sind wir nicht zufrieden. Aber die Barentssee ist groß – mit einer Menge unerforschter Gebiete. Eine erfolgreiche Erkundung und Entwicklung des Gebietes ist wichtig, um eine hohe Produktion über einen langen Zeitraum beizubehalten.
In der Nordsee wurden seit 1966 1.289 Bohrungen vorgenommen. In der Norwegischen See gab es seit 1980 326 Bohrungen und in der Barentssee nur 142. Diese Statistiken bestätigen uns in dem Glauben, dass in der Barentssee noch Potenzial steckt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass auf dem Norwegischen Kontinentalschelf traditionell ein schrittweiser Ansatz zum Einsatz kam, bei dem neue Projekte dann entwickelt wurden, wenn sich die Technologie verbessert hatte oder neue Technologien zur Verfügung standen. Dennoch – als Unternehmen müssen wir unsere Präsenz in allen Gebieten des Norwegischen Kontinentalschelfs, einschließlich unserer Beteiligung an Grenzprojekten, ständig überprüfen.
In Zeiten des niedrigen Ölpreises war in der Industrie viel von Kosteneffizienz die Rede. Wie und wo spart man in der Öl- und Gasindustrie Kosten – speziell in einem Hochpreisland wie Norwegen?
Vor der Ölkrise litt die gesamte Branche unter einer nicht tragfähigen Kostenspirale. In den vergangenen Jahren haben sowohl DEA als auch der Rest der Öl- und Gasindustrie ihre Kosten signifikant reduziert, wobei die Intensivierung des Dialogs mit der Zulieferindustrie, Standardisierung, Digitalisierung und neue Ansätze für die Entwicklung und Neuentwicklung von Projekten hierzu die wichtigsten Beiträge leisteten.
Wie kam DEA durch die Phase des niedrigen Ölpreises?
Die Öl- und Gasindustrie war schon immer eine zyklische Industrie, und DEA als Unternehmen ist für diese unterschiedlichen Phasen gerüstet. Es ist wichtig daran zu erinnern, dass Investitionen in diese Branche mit Blick auf langfristige Entwicklungen und Marktschwankungen getätigt werden.
Es dauert etwa zehn bis 15 Jahre von der Entdeckung eines Felds unter dem Meeresboden bis zur Feldentwicklung und Produktion. Deshalb brauchen wir für alles, was wir tun, eine langfristige Perspektive.
Die Öl- und Gasindustrie ist eine der größten Produzenten von Treibhausgasen. Da Erdgas als sogenannte Brückentechnologie noch für eine lange Zeit eine wichtige Rolle im Energiemix spielen wird – wie trägt die Industrie und wie trägt Ihr Unternehmen zur Erreichung der Klimaziele bei – speziell in Norwegen?
DEA konzentriert sich darauf, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren und ihre Ressourcen so effizient und kosteneffektiv wie möglich zu produzieren. Das gilt, auch wenn bei der Produktion auf dem Norwegischen Festlandsockel weniger CO2 ausgestoßen wird als im weltweiten Durchschnitt unserer Branche.
Gleichzeitig ist auch klar, dass die Welt noch über viele Jahre von Öl und Gas abhängig sein wird. Die größte Herausforderung für Öl- und Gasfirmen besteht nicht in der fallenden Nachfrage, sondern darin, wie man weiterhin mehr Öl und Gas findet, um den jährlichen natürlichen Rückgang aus bestehenden Feldern von sieben bis acht Prozent auszugleichen.
Die Öl- und Gasindustrie entwickelt ständig neue Technologien, um die Ausbeute aus den Feldern zu erhöhen. Was gibt es Neues auf diesem Gebiet?
Die Digitalisierung und der verstärkte Fokus auf Technologie im gesamten Business werden einige der Hebel sein, die uns auf diesem Weg unterstützen. Wir machen uns Technologien zu eigen, um Kosten zu senken, ohne die höchsten Anforderungen an Gesundheit, Sicherheit und Umwelt außer acht zu lassen. Die Analyse großer Datenmengen zur Optimierung von Prozessen wie der Ölproduktion und Automatisierung von Aktivitäten wie dem Bohren sind der nächste logische Schritt.
Zur Person
Maria Moraeus Hanssen ist seit 1. Januar 2018 Vorstandsvorsitzende der DEA Group. Zuvor war sie CEO der ENGIE E&P International und Leiterin des E&P-Geschäftsbereichs der ENGIE Group in Paris. Sie kann auf verschiedene Positionen im Management und in Betrieben in der norwegischen Öl- und Gaswirtschaft zurückblicken, unter anderem bei Aker ASA (2008 – 2013), Statoil ASA (2007 – 2008) bei der Hydro ASA (2006 – 2007).
Maria Moraeus Hanssen hat ihr Studium am Fachbereich „Petroleum Economics and Management“ an der IFP School – Ecole Nationale Supérieure du Pétrole et des Moteurs in Paris 1992 abgeschlossen und verfügt außerdem über einen Abschluss in „Petroleum Economics and Management“ im Studienfach „Petroleum Engineering“ von der norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU) in Trondheim (1989).
Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats sowie Vorsitzende des Audit Committees von Yara International, einem weltweit führenden Unternehmen in der Herstellung von Stickstoffdünger.