

Oslo, 11. November 2023. Ida Wolden Bache, Gouverneurin der norwegischen Zentralbank Norges Bank, hat auf einem Seminar des Centre for Monetary Economics (CME)/ der The Norwegian Business School, BI einen Vortrag zur Geldpolitik und dem Wechselkurs der norwegischen Krone gehalten. Anlass ist die auch für Norges Bank überraschende Schwäche der norwegischen Währung. Vor einem Jahr kostete ein Euro 10,32 NOK. Zu Beginn dieser Woche kostete ein Euro 11,88 NOK. Betrachte man den Kurs gemessen am importgewichteten Durchschnitt der Währungen der wichtigsten norwegischen Handelspartner, so hat habe sich die Währung um über neun Prozent abgeschwächt.
Die Schwäche habe viele beunruhigt, sagte Wolden Bache. Eine schwächere Krone führe zu höheren Preisen für importierte Waren und mache Reisen im Ausland teurer. Das würden die Verbraucher merken. Im Geschäftsleben sei das Bild gemischter. Für viele Unternehmen würden die Preise für importierte Waren steigen, während große Preisschwankungen die Budgetierung und Festlegung von Einzelhandelspreisen erschwere. Andererseits könnten Unternehmen in der Tourismusbranche und der Industrie, die dem Wettbewerb ausgesetzt sind, feststellen, dass eine schwächere Krone zu einer erhöhten Nachfrage und einer verbesserten Rentabilität führt.
Nach Angaben des norwegischen Statistikamtes sind die gestiegenen Lebensmittelpreise nach wie vor der Hauptfaktor für den Preisanstieg im letzten Jahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) stieg von Oktober 2022 bis Oktober 2023 um 4,0 Prozent. Zum Anstieg des Zwölfmonatswachstums des VPI von September bis Oktober hat nach Angaben des Statistikamtes vor allem die Preisentwicklung bei Strom und Nahrungsmitteln bei getragen. Die Lebensmittelpreise und die Preise für alkoholfreie Getränke lagen im Oktober dieses Jahres um 8,5 Prozent höher als im Oktober des Vorjahres.
12-Monats-Veränderung in der Lebensmittelindustrie, Januar 2018 – Oktober 2023

Die Norges Bank habe kein Ziel für den von ihr verwalteten Kronen-Wechselkurs. Wenn sie sich dennoch mit dem Wechselkurs befassen, dann deshalb, weil er für das Preiswachstum und die Aktivität in der norwegischen Wirtschaft wichtig ist. Auch der Wechselkurs der Krone sei nicht unabhängig davon, was Norges Bank in der Geldpolitik tue. Normalerweise führe eine strengere Geldpolitik zu einem stärkeren Wechselkurs. Durch die Wirkung des Wechselkurses auf die übrige Wirtschaft könne der Wechselkurskanal die Wirkung des Zinssatzes verstärken. Die Geldpolitik könne effektiver werden. Gleichzeitig könnten Bewegungen im Verlauf eine Quelle von Störungen sein. In diesem Fall könnten die Kompromisse in der Geldpolitik anspruchsvoller werden.
Aber die Geldpolitik sei nicht der einzige Faktor, der den Wechselkurs beeinflusse. Auch die unterschiedlichen Zinsen in Norwegen und bei den wichtigsten Handelspartner hätten Einfluss auf den Wechselkurs. Diese Gleichung besage, dass ein Anleger in zwei verschiedenen Ländern die gleiche erwartete Kapitalrendite erzielen muss, wenn die Rendite in derselben Währung gemessen wird. Wenn die Zinsdifferenz positiv ist, sei die Rendite einer sicheren Investition in Norwegen höher als bei einer ähnlichen Investition im Ausland. Damit Anleger in beide Märkte investieren wollen, müsse dann mit einer Abschwächung des Kronenkurses gerechnet werden. Wenn sich die Zinsdifferenz unerwartet erhöht, müsse nach dieser Gleichung der Kronenkurs sofort stärker werden, dann aber schwächer werden.
„Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die Anlagen risikofrei sind. Das wird selten der Fall sein. Der dritte Term in der Gleichung kann hier als Zahlung für das zusätzliche Risiko interpretiert werden, das mit einer Anlage in norwegischen Kronen verbunden ist“, erklärte die Zentralbankchefin. Es gebe mehrere Gründe, warum auf den Devisenmärkten eine solche Risikoprämie existiert. Die Marktteilnehmer verfügten über unterschiedliche – und begrenzte – Informationen. Und ihre Bereitschaft und Fähigkeit, die mit Währungstransaktionen verbundenen Risiken zu tragen, seien möglicherweise begrenzt. „Schwankungen der Risikoprämien können einen Großteil der Wechselkursschwankungen erklären“, sagte Wooden Bache.
„Eine wichtige Erkenntnis aus diesem Rahmenwerk ist, dass der Wechselkurs nicht nur von der Zinsdifferenz und der Risikoprämie heute abhängt, sondern auch davon, was die Marktteilnehmer in Zukunft von diesen Größen erwarten. Wenn irgendetwas dazu führt, dass sie ihre Erwartungen ändern, wird sich der Kurs heute ändern.“
Zusammenfassend erklärte die Zentralbankchefin, dass die Schwankungen des Wechselkurses der Krone wahrscheinlich zu einem großen Teil auf Faktoren zurückzuführen sind, die in der Risikoprämie enthalten waren. Änderungen der Risikoprämie seien schwer vorhersehbar und können den Wechselkurs nachhaltig beeinflussen. Aus diesem Grund sei es schwierig, zukünftige Wechselkursentwicklungen vorherzusagen.
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