Karrieretag in Oslo: Deutsch als Fremdsprache soll attraktiver werden

Schüler verschiedener Osloer Schulen informierten sich auf dem Karrieretag, was Deutsch als Fremdsprache zu bieten hat.©BPN

Oslo, 17. Oktober 2023. Deutsch ist in Norwegen nur die zweitbeliebteste zweite Fremdsprache in den Schulen. Immer mehr Schüler bevorzugen ab dem 8. Schuljahr Spanisch. Insgesamt lernen nach Angaben des Goethe-Instituts 79.000 Schüler Deutsch in Norwegen (Stand 2019). Die Norwegisch-Deutsche Willy Brandt Stiftung, das Goethe-Institut und der norwegische Deutschlehrerverband Norsk Tyskforum hatten daher am 17. Oktober in Oslo zu einer Deutschlandkonferenz mit einem Karrieretag “Tysklandskonferanse med Karriere-dag“ eingeladen. Ziel war es, Schüler, Studenten und Auszubildende in Norwegen zu motivieren, der deutschen Sprache in ihrer Ausbildung einen höheren Stellenwert einzuräumen. 

Der Düngemittelkonzern Yara International hatte für die Veranstaltung die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Das Interesse des Unternehmens an deutsch-sprechendem Nachwuchs ist groß. CEO Sven Tore Holsether erläuterte in seiner Videobotschaft an die jungen Teilnehmer, wie eng Yara International mit Deutschland verbunden ist und welche Pläne das Unternehmen in Deutschland verfolgt. So werden die Importkapazitäten für grünes Ammoniak sowohl in den Werken in Brunsbüttel als auch in Rostock kräftig ausgebaut. Auch plant das Unternehmen den Aufbau einer Produktion für grünen Wasserstoff in Deutschland. Zwar seien die Teams an den Standorten des Unternehmens in Deutschland international aufgestellt. Für ein erfolgreiches Engagement im Ausland sei es aber wichtig, auch die Kultur eines Landes zu kennen. Und das setze Sprachkenntnisse voraus, so Holsether.

Der deutsche Manager Michael Lehfeldt, Senior Berater von Yara International, der seit vielen Jahren in Norwegen lebt, erwähnte den „digital Hub“ in Berlin. Im Team von 150 Mitarbeitern werde zwar vor allem Englisch gesprochen  –  Deutschkenntnisse würden allerdings von großem Vorteil sein.

Der Deutsche Michael Lehfeldt, Manager bei Yara International, gab Auskunft über Karrieremöglichkeiten seines Unternehmens für junge Leute mit Deutschkenntnissen.©BPN

In kurzen Präsentationen stellten sich nach der Begrüßung deutsche Verbände und Institutionen vor und informierten über Angebote, Deutsch zu lernen, Austauschprogramme wahrzunehmen, Praktika in Deutschland zu vermitteln, in Deutschland zu studieren, Netzwerken beizutreten oder Weiterbildungen zu absolvieren. Das Goethe-Institut in Norwegen unterstützt zum Beispiel norwegische Schulen, einen hochwertigen Deutschunterricht anbieten zu können, und fördert die Weiterbildung und Qualifizierung von Deutschlehrern. Darüber hinaus bietet es Sprachkurse an, die von allgemeinen Deutschkursen über berufsvorbereitende Sprachkurse bis hin zu Seminaren, Online-Kursen und Selbstlernprogrammen reichen. Direktorin Bettina Senff sprach darüber, was man mit guten Deutschkenntnissen anfangen kann und erläuterte den Schülern die zahlreichen Möglichkeiten, ihre Deutschkenntnisse über das Goethe- Institut zu verbessern. 

Die AHK Deutschland stellte das EU-Programm Erasmus+ vor, über das Austausch und Kooperationen für Lehrlinge, Schüler und Studenten finanziert werden können. Gute Erfahrungen gibt es mit Lehrlingsaufenthalten. Der Verband Aubiko, Hamburg, vermittelt den Studentenaustausch.  

Ein Hertha-Fan, der Deutsch als zweite Fremdsprache gewählt hat.©BPN

Andrea Vaske, Leiterin des Tyskforum, des norwegischen Verbandes der Deutschlehrer, erinnerte daran, dass eine wichtige Motivation für das Erlernen einer Sprache darin besteht, sich für das entsprechende Land zu begeistern. Sie fasste zusammen, was norwegische Schüler über Deutschland wissen und was sie mögen: Audi, Mercedes und Porsche, die Berlinale in Berlin, Fußballstadien mit Bier und Würstchen und Musikfestivals. Das seien gute Gründe, um Deutsch als Fremdsprache in der Schule zu wählen. Die Vertreterin des Verbandes ANSA, der Association of Norwegian Students Abroad, ging konkret auf Fragen zur Finanzierung eines Studiums in Deutschland ein.

Ingunn Tveide, Geschäftsführerin der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung (l.), mit Schülerinnen und ihrer Lehrerin. Die Mädchen wählten Deutsch als Fremdsprache, weil sich schon die Eltern für Deutsch als zweite Fremdsprache entschieden hatten.©BPN

In einem weiteren Panel erhielten die Schüler von Studenten und Lehrlingen, die an deutsch-norwegischen Austauschprogrammen teilgenommen haben, praktische Tipps. Bjørn Erik absolvierte beispielsweise als Lehrling ein dreimonatiges Praktikum bei einem Elektriker in Korbach. Organisiert und bezahlt wurde der Aufenthalt über das EU-Programm Erasmus+. Obwohl Bjørn Erik keinerlei Deutschkenntnisse besaß, habe ihm der Aufenthalt in Deutschland viel gebracht. Nicht nur konnte er viel reisen – fachlich lernte er zum Beispiel, dass norwegische und deutsche Elektriker verschiedene Methoden anwenden, um Kabel in die Wand zu bringen. 

Im Panel am Nachmittag richteten sich Detlef Wächter, deutscher Botschafter in Norwegen, und die Storting-Abgeordnete Ingjerd Schou, Vorstandsmitglied der Norwegisch-Deutschen Willy-Brand-Stiftung, in ihren Begrüßungsreden mit dem eindringlichen Appell an die Teilnehmer, nicht in den Bemühungen nachzulassen, die deutsche Sprache in Norwegen zu fördern. Es sei wichtig, sich immer wieder zu vergewissern, wie eng die Beziehungen zwischen Deutschland und Norwegen sind. Mit dem jetzigen Stand des Interesses norwegischer Schüler am Erlernen der deutschen Sprache könne man nicht zufrieden sein, sagte der deutsche Botschafter. „Wir müssen die jungen Leute von Deutschland und der deutschen Sprache begeistern und dürfen die Kommunikation nicht der künstlichen Intelligenz überlassen.“ Kultur und Sprache zu fördern sollte eine Herzensangelegenheit für jeden sein, der in die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Norwegen involviert ist. 

Die Hochschule in Østfold stellte zum Karrieretag die Fakultät für Lehrerbildung und Sprachen vor.©BPN

Andreas Motzfeld Kravik, Staatssekretär im norwegischen Außenministerium, erläuterte die Deutschland-Strategie der norwegischen Regierung, die unter anderem die Förderung der deutschen Sprache und Kultur zum Gegenstand hat. Alle Ministerien und Bereiche seien in die Umsetzung der Strategie einbezogen. Deutschland sei für Norwegen der wichtigste Partner in Europa. Er lobte das umfassende Netzwerk, das Deutschland und Norwegen in allen Bereichen verbindet und wies darauf hin, dass insbesondere die Zusammenarbeit im Bereich der grünen Transformation beide Länder voranbringt. Von großem Interesse für Norwegen sei aber nicht nur die Wirtschaft, sondern ebenso die Kooperation in den Bereichen Sicherheit und Kultur. Besonders attraktiv sei der deutsche Büchermarkt, auf dem norwegische Autoren gute Erfolge erzielten. 

Are Turmo, Kompetenzdirektor des Arbeitgeberverbandes NHO, hob die Bedeutung deutscher Sprachkenntnisse für die Wirtschaft Norwegens hervor. Viele norwegische Unternehmen haben Töchter oder Repräsentanzen in Deutschland, so dass Mitarbeiter mit Deutschkenntnissen immer sehr willkommen sind.

Guri Brochmann Skoklefald, Abteilung für Hochschulbildung, Forschung und internationale Arbeit des Bildungsministeriums, regte an, den Deutschunterricht lockerer zu gestalten. Grammatik sei wichtig, so Skoklefald, aber der Spaß dürfe beim Lernen einer Sprache nicht zu kurz kommen. Eine Antwort darauf, warum Deutsch an Attraktivität verliert und auch ein Studium in Deutschland nicht in dem Maße wahrgenommen wird, wie es möglich wäre, fanden die Diskussionsteilnehmer nicht. Skoklefald betonte aber wie wichtig es sei, dass die deutschen und norwegischen Institutionen weiter eng zusammenarbeiten, um den Knoten aufzulösen. 

Für die Schüler, die am Karrieretag teilnahmen, hatten die Veranstalter eine kleine Messe organisiert. Der Andrang an den Ständen der Unternehmen und Institutionen war groß – hatte die Deutschlehrerin ihren Schützlingen doch Aufgaben mit auf den Weg gegeben, mehr über die einzelnen Anbieter zu erfahren. Nach der Motivation der teilnehmenden Schüler gefragt, warum sie Deutsch als zweite Fremdsprache wählten, nannten die meisten familiäre Gründen. Deutschland kannten einige von ihnen lediglich von einer Fährüberfahrt nach Kiel. 

Der  Karrieretag in Oslo unter dem Motto „Mache Karriere mit Deutsch (Land)“ fand auf Norwegisch statt. 

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