
Oslo, 22. September 2023. Nach einem starken Anstieg des Interesses an Elektroautos über mehrere Jahre hinweg schwächt sich das Interesse derzeit ab, wie Zahlen des Verkehrsbarometers des Norwegischen Automoilverbandes NAF zeigen. Jetzt komme es darauf an, dass die Regierung die Steuern auf Elektroautos nicht weiter erhöht, sagt Nils Sødal, leitender Kommunikationsberater bei NAF.
Seit 2017 führt der Automobilverband alle zwei Jahre im Zusammenhang mit Kommunal- und Parlamentswahlen eine Umfrage zu Kaufabsichten durch (Verkehrsbarometer) durch. Unter anderem wird danach gefragt, ob sich die Menschen als nächstes Auto für ein Elektroauto entscheiden werden. Im Jahr 2017 waren dies 30 Prozent und im Jahr 2021 bereits 43 Prozent. Auch im diesjährigen Verkehrsteilnehmerbarometer gab es einen Anstieg, allerdings nur um fünf Prozentpunkte gegenüber 2021. 47 Prozent wollen demnach als nächstes Auto ein Elektroauto.
Bei den bisher in diesem Jahr erstmals zugelassenen Pkw-Neuzulassungen liegt der Anteil der Elektroautos nach Angaben der öffentlichen Verkehrsbehörde OFV bei 83 Prozent – und das Gleiche gilt auch für die Neuwagenverkäufe im August. Und während die Zahl der neuen Diesel- und Benzinautos fast ausläuft, machen neue Plug-in-Benzin-Hybride und Hybride ca. 13 Prozent der Pkw-Neuzulassungen. Üblicherweise steigt die Zulassungsquote für Neuwagen im Herbst, doch nach Angaben des OFV gebe es kaum Anzeichen dafür, dass dies in diesem Jahr der Fall sein wird.

Auch wenn der Anteil von Elektroautos bei den Neuzulassungen in Norwegen so hoch ist wie in keinem anderen Land – Benziner und Diesel machen weit über 50 Prozent des Pkw auf Norwegens Straßen aus. Im Juli 2023 fuhren auf norwegischen Straßen 677.254 Elektroautos, das sind 22,58 Prozent des Bestandes an Personenkraftwagen. Dieselfahrzeuge hatten noch immer einen Anteil von 37,16 Prozent, Beziner von 28,01 Prozent.
„Mit einer immer besseren Auswahl an Autos und einfacherem Laden hatten wir von 2021 bis zu diesem Jahr einen größeren Anstieg erwartet“, sagt Sødal. Immer weniger Vorteile für Elektroautos und die Einführung von Mehrwertsteuer und Steuern hätten aber dazu geführt, dass das Interesse an Elektroautos nachgelassen hat.
Im Jahr 2023 wurden die Steuern auf Elektroautos stark erhöht, die Mehrwertsteuer beim Neukauf von Elektroautos über 500.000 NOK eingeführt und eine völlig neuen Gewichtssteuer etabliert. Zudem wurde der wichtige Mautvorteil reduziert.
„Jetzt ist es wichtig, dass die Regierung die Gebühren im Staatshaushalt, der am 6. Oktober veröffentlicht wird, nicht noch weiter erhöht. Wir befürchten, dass sie die Gewichtssteuer erhöhen werden. Höhere Steuern können dazu führen, dass der Verkauf von Elektroautos noch stärker gebremst wird und weniger Menschen auf Elektroautos umsteigen können. Erhöhte Steuern auf neue Elektroautos können sich auch auf die Preise gebrauchter Elektroautos auswirken“, warnt Nils Sødal.
Allerdings: Menschen, die bereits ein Elektroauto besitzen, stehen dem Kauf eines Elektroautos auch beim nächsten Mal am positivsten gegenüberstehen. In diesem Jahr antworten 79 Prozent der E-Auto-Besitzer, dass sie als nächstes Auto wieder ein Elektroauto wollen, 2021 waren es 80 Prozent. Ebenso bleiben die Besitzer eines Benzin- oder Dieselautos ihrer Klasse treu. Wie im Jahr 2021 antwortete nur jeder Dritte, dass er beim nächsten Autokauf ein Elektroauto kaufen wird.
„Diejenigen, die den Sprung geschafft haben, sind zufrieden und werden weiterhin Elektroautos fahren, während die Skepsis bei Benzin- und Dieselfahrern ziemlich stabil bleibt“, erklärt Sødal. „Da die Politik beschlossen hat, dass ab 2025 alle Neuwagenverkäufe emissionsfrei sein sollen, ist es umso wichtiger, die Steuerschraube jetzt nicht noch weiter anzuziehen.
Die diesjährige Umfrage wurde von Norstat durchgeführt, die drei vorherigen von Kantar. Alle Umfragen sind landesweit repräsentativ und gewichtet nach Geschlecht, Alter und Region, teilt NAF mit.

In einer weltweiten Verbraucherumfrage von strategy&, dem globalen Consulting-Team von PwC, zum THema E-Mobilität, die im September 2023 veröffentlicht wurde, kommt das Consultingunternehmen zu folgendem Ergebnis:
- Verbraucher zeigen ein starkes Interesse an E-Mobilität: 30 Prozent der Befragten geben an, in den nächsten zwei Jahren ein Elektrofahrzeug kaufen zu wollen;
- Bei den Besitzern von Elektrofahrzeugen handelt es sich hauptsächlich um Männer mittleren Alters mit hohem Einkommen, die in Stadtzentren leben und Zugang zu privaten Parkplätzen haben;
- Interessenten für Elektrofahrzeuge haben etwa 20 % weniger Einkommen als Besitzer von Elektrofahrzeugen;
- Skeptiker (31 % der Befragten) sind überwiegend Frauen mit einem geringeren verfügbaren Einkommen und älter als Elektroauto-Interessenten;
- Das Interesse an gebrauchten Elektrofahrzeugen ist groß: 60 % der Elektrofahrzeugbesitzer bekunden aufgrund der geringeren Kosten und der sofortigen Verfügbarkeit Interesse am Kauf eines Gebrauchtwagens. Allerdings bleibt die Unsicherheit über den Batteriezustand (SoH) ein wesentliches Hindernis.

In Europa sind Norwegen, die Schweiz und Deutschland aufgrund ihrer vergleichsweise guten Ladeinfrastruktur und einer hohen Verbrauchernachfrage die Länder mit der größten E-Ready-Ausstattung. Insgesamt landet Deutschland im e-Readyness-Index, einem internationalen Ranking von 18 Staaten, auf Platz sechs.