
Oslo, 19. September 2023. Gegenwärtig, da die Dovrebanen von Oslo nach Trondheim wegen des vom Extremwetter Hans verursachen Brückeneinsturzes für möglicherweise nicht weniger als zwei Jahre unterbrochen ist, zeigt sich drastisch, welch einen großer Fehler es bedeutet, dass die Solørbanen (Kongsvinger-Elverum) und die Rørosbanen (Elverum-Støren) entgegen allen jahrzehntelangen Forderungen bisher nicht elektrifiziert wurden. Diese beiden Strecken bilden immer dann eine Alternative zur Dovrebanen als elektrifizierte Hauptlinie, wenn die Dovrebanen wegen Bauarbeiten und aufgrund von Naturereignissen unterbrochen ist. Die beiden Strecken haben jedoch den Ausbauzustand von Nebenlinien und sind entsprechend wenig leistungsfähig. Zwischen Røros und Støren fehlt sogar der Streckenblock, welcher längst als Standartausrüstung der Sicherheit dient. Stattdessen müssen die Züge wie vor einhundert Jahren den nächsten Streckenabschnitt von Station zu Station vom lokalen Fahrdienstpersonal telefonisch freigemeldet bekommen, woraufhin den Lokführern mit grünen oder roten Flaggen die Weiterfahrt oder das Abwarten eines Kreuzungszuges signalisiert wird.
Für die Güterbahnen, die Lebensmittel und andere wichtige Güter nach Trøndelag und nach Nordland transportieren, ist es ein Problem, genügend leistungsstarke Diesellokomotiven zu organisieren, die über 1000 Tonnen schwere Containerzüge befördern können. Glücklicherweise haben Cargo Net und Onrail kürzlich Eurodual-Lokomotiven von Stadler Rail für elektrischen und Dieselbetrieb erhalten. Für die Nachtzüge für Reisende zwischen Oslo und Trondheim fehlen jedoch geeignete Lokomotiven mit der Ausrüstung für die Energieversorgung von Reisezugwagen, weshalb diese Züge nicht umgeleitet werden können und ausfallen.
Unter dem Eindruck der bestehenden Krisensituation spricht sich das Jernbanedirektoratet, die norwegische Eisenbahndirektion, jetzt endlich für die Elektrifizierung der Solørbanen und Rørosbanen als ergänzende und alternative Streckenverbindung zur Dovrebanen aus. Der entsprechende Bericht wurde dem Verkehrsministerium übergeben, um in den nächsten Nationalen Transportplan aufgenommen zu werden. Bis die ersten Fahrleitungsmasten gesetzt werden können, wird es also noch dauern. Die unumgängliche Elektrifizierung dieser 546 Kilometer wird etwa 8,6 Milliarden Kronen kosten – eine Ausgabe, die bisher alle Entscheidungsträger hartnäckig scheuten. Doch macht diese Elektrifizierung weit mehr Sinn als die gegenwärtige Elektrifizierung der Meråkerbanen von Trondheim nach Storlien, wo lediglich zwei Reisezüge und kein einziger Güterzug mehr verkehrt.
Im Auftrag des Verkehrsministeriums hat die norwegische Eisenbahndirektion auch eine Konzeptauswahlstudie zur Kapazitätsausweitung der Regionalzüge in Ostnorwegen durchgeführt. Ziel war es, Maßnahmen zu finden, mit denen sich die Kapazität ohne teure Gleisausbauten steigern lässt. Die Untersuchung zeigt, dass Doppelstockzüge die beste Option für mehr Kapazität und Komfort in den Regionalzügen sind. Die gesamten zusätzlichen Kosten für die Einführung von Doppelstockzügen werden auf 8,5 Milliarden NOK geschätzt, einschließlich Zuggarnituren und Ersatzgleisen. Die Kosten für die Verbesserung der Infrastruktur würden etwa 600 Millionen NOK gbetragen, zuzüglich der Kosten für mehrere Reserveplätze, teilt die Eisenbahndirektion mit.
Jürg Streuli, Fachjournalist
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