Norwegische Wartungsfirma verliert gegen Stadler und erwirkt einstweilige Verfügung gegen die Auftragsvergabe

Bei Mantena, dem staatlichen Wartungsbetrieb für Schienenfahrzeuge, könnte die Arbeit in Zukunft knapp werden. Vy möchte Stadler, trotz deren teurerer Offerte, einen umfangreichen Wartungsauftrag übergeben. Momentan ist das Geschäft noch juristisch blockiert.©Mantena

Oslo, 12. September 2023. Große Aufregung in Norwegen. Das Eisenbahnunternehmen Vy (ehemals die norwegische Staatsbahn NSB) hat den Auftrag für die Wartung der Fahrgestelle und Untergestelle seiner Züge im Großraum Oslo nach einer Ausschreibung für zehn Jahre an das Schweizer Unternehmen Stadler Rail AG vergeben, obschon die staatliche norwegische Wartungsfirma Mantena AS die günstigere Offerte eingereicht hat. Durch den Verlust des Auftrages sollen in den Werkstätten von Mantena in Oslo Grorud angeblich 100 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Die Mantena hat auf dem Rechtsweg eine einstweilige Verfügung gegen die Auftragsvergabe an Stadler erwirkt. Damit ist das Geschäft mit Stadler bis zur gerichtlichen Entscheidung vorerst blockiert. Es gilt jedoch auch in Norwegen das Wettbewerbsrecht der EU.  

Die Aufträge von Vy machen heute 50 Prozent des Auftragsvolumens von Mantena aus. Denn seit Vy den Zuschlag für die Verkehrspakete Østlandet 1 und 2 erhalten hat, führt die staatliche Eisenbahngesellschaft mehr als die Hälfte des gesamten Personenzugverkehrs im Land durch, obschon Vy mit der Bergensbanen nur eine einzige Fernstrecke zugesprochen bekam. 

Das Unternehmen Mantena ist ein Resultat der extremen Aufsplittung der ehemaligen NSB in zehn Gesellschaften. Nun fordern norwegische Politiker die Aufhebung der Entscheidung von Vy. Doch war es die Politik der Mitte-Rechts-Regierung von Erna Solberg, welche die Zerschlagung der NSB durchgesetzt und Wettbewerb gefordert hat.

Um in Norwegen die Auftragsvergabe in ein schlechtes Licht zu rücken, werden alle Register gezogen. So wird Stadler unterstellt, die gesamten Wartungsarbeiten künftig im Ausland ausführen zu wollen. Dem widerspricht jedoch Vy und versichert, die Wartungsarbeiten würden auch von Stadler weiterhin zum größten Teil in Norwegen ausgeführt werden. Sogar die norwegische Armee hat sich eingeschaltet und strategische Bedenken angemeldet. Dazu erklärt Vy, dass die Eisenbahn in einem Ausschreibungsverfahren keiner Notfallverordnung untersteht. Nach einer Gesamtbeurteilung von Kosten und Qualität habe Vy sich für die Stadler Service AG als Vertragspartner für die Instandhaltung entschieden, erklärte Marius Holm, Executive Vice President Communications and Public Affairs bei Vy.

Jürg Streuli, Fachjournalist
juerg.streuli@swissonline.ch

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