Norsk Bane: Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Bergen statt weiterhin Flickwerk auf der Bahn

Die Bergensbanen ist als Gebirgslinie eine technische Meisterleistung und wegen den Naturschönheiten ein touristisches Highlight. Für die einheimische Bevölkerung dauert die Fahrzeit von Oslo nach Bergen mit sieben Stunden jedoch zu lange. Eine als Vestlandsbanen bezeichnete neue Hochgeschwindigkeitsstrecke soll die Fahrzeit auf 2,25 Stunden verkürzen.©David Gubler 

Oslo, 7. August 2023. Die Bergensbanen ist eine der großartigsten Gebirgslinien überhaupt. Die Strecke verläuft zwischen Ustaoset und Mjølfjell über einhundert Kilometer über der Baumgrenze auf einer Höhe um die eintausend Meter und erreicht im Finsetunnel mit 1.237 Meter den Kulminationspunkt. Damit ist die Strecke die längste Gebirgsbahn Europas. Auf Grund der nördlichen Breite entspricht diese Höhe den klimatischen Bedingungen von 2.000 Meter im Alpenraum. Der Aufwand zur Aufrechterhaltung des Betriebes im Winter bei jedem Wetter ist gewaltig. Doch ist die lange Fahrzeit von sieben Stunden für die 505 Kilometer zwischen den beiden größten norwegischen Städten zwar für die Touristen eine Attraktion, weniger attraktiv allerdings ist die lange Zugreise für die einheimische Bevölkerung, der als Alternative die nahezu stündlichen Flüge zu günstigeren Ticketpreisen angeboten werden.

Zur langen Fahrzeit trägt wesentlich der geographische Umweg zwischen Oslo und Hønefoss via Drammen (Reisezüge) und Roa (Güterzüge) bei. Eine direkte Linie fehlt und sollte mit der geplanten 40 km langen Ringeriksbanen von Sandvika bei Oslo nach Hønefoss eigentlich gebaut werden. Deren Detailprojektierung liegt längst vor. Die Ringeriksbanen wurde seit 2019 mehrfach genehmigt und zwei Regierungen haben versprochen, mit den Bauarbeiten zu beginnen, ohne das bisher jedoch der erste Spatenstich erfolgt ist.

Von der Interessengemeinschaft Norsk Bane vorgeschlagene Hochgeschwindikgkeitsstrecke zwischen Oslo, Bergen und Stavanger©Norsk Bane

Im nächsten Frühjahr wird die Regierung den Nationalen Verkehrsplan (NTP) für den Zeitraum 2025 – 2036 vorlegen. Die Interessengemeinschaft Norsk Bane AS hat hierfür einen Vorschlag eingebracht, der an Stelle der Ringeriksbanen einen völlig neuen Denkansatz verfolgt: eine komplett neue, für 300 km/h ausgelegte Vestlandsbanen von Notodden an der Sørlandsbanen direkt nach dem neun Kilometer von Bergen entfernten Arna. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke würde die Fahrzeit zwischen Oslo und Bergen auf 2,25 Stunden verkürzen und die Inlandsflüge obsolet machen. Zudem ist unterwegs auch eine Verzweigung nach Stavanger angedacht. Die Fahrzeit Oslo – Stavanger würde dann ebenfalls nur noch 2,25 Stunden betragen. Gleichzeitig entstünde damit auch eine Bahnverbindung von Bergen nach Stavanger mit lediglich 1,35 Stunden Fahrzeit. Norsk Bane hat das spanische Ingenieur- und Technologieunternehmen Sener mit der Erstellung einer Studie über die Machbarkeit und die zu erwartenden Baukosten beauftragt.

Die Bergensbanen mit ihren wichtigen Bahnhöfen wie Geilo und Myrdal würde weiterhin und auch für den Güterverkehr in Betrieb gehalten werden.

Im Jahr 2009 veröffentlichte die Deutsche Bahn eine Untersuchung über die Möglichkeit von Hochgeschwindigkeitszügen in Norwegen und gelangte zu dem Resultat, dass es hierfür geeignete Strecken gibt und dass Hochgeschwindigkeitszüge zur sozioökonomischen Entwicklung beitragen würden. Die Planungen dazu sollten aufgenommen werden. Der damalige Infrastrukturbetreiber Jernbaneverket widersprach 2012 hingegen in einer Stellungnahme und bezeichnete Neubaustrecken als wirtschaftlich nicht nachhaltig. Ein eher politisch motiviertes Fazit angesichts der starken Verkehrsströme zwischen Oslo, Bergen und Stavanger. Denn tatsächlich stellt sich die Grundsatzfrage, ob Norwegen als das Land der Vielflieger auch im Inland bereit ist, an Stelle von weiterem Flickwerk große Investitionen für die umweltfreundliche Eisenbahn zu stemmen, die eine wirksame Alternative zum die Umwelt massiv schädigenden Flugverkehr bedeuten.   

Jürg Streuli, Fachjournalist
juerg.streuli@swissonline.ch

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