
Bergen, 1. Juni 2023. Am 31. Mai hat der Stadtrat im norwegischen Bergen nach zehn Jahren des mit heftigen Emotionen geführten Streits definitiv entschieden, dass die 13 Kilometer lange als Bybane (Stadtbahn) bezeichnete Straßenbahnlinie nach Åsane im Norden entlang des Weltkulturerbes Bryggen gebaut wird. Die Gegner haben eine weit teurere Tunnelvariante gefordert, die 3,4 Milliarden Kronen gegenüber den 1,2 Milliarden der offenen Linienführung via Bryggen kosten würde. Besonders die Fahrleitungsmasten der Bybane sollen in der alten Hansestadt angeblich die optische Harmonie des Weltkulturerbes der historischen Häuser von Bryggen beeinträchtigen. Doch fuhren hier Trams schon bis zur Stilllegung des Gesamtnetzes in den 1960er Jahren. Der Autobusverkehr wird hingegen als nicht störend empfunden.

Ein früherer Abstimmungsversuch im Stadtrat hatte noch mit einer Stimme Mehrheit für die Tunnelvariante und darauf folgendem Eklat mit mehreren Rücktritten geendet. Nun folgen die Fragen um die Finanzierung, während die Detailprojektierung seit Langem vorliegt.

Nach der Fertigstellung der 20 Kilometer langen Linie 1 vom Bergener Zentrum zum Flughafen Flesland im Jahr 2017 hätte danach eigentlich die nach Norden verlaufende Strecke nach Åsane gebaut werden sollen. Als Folge der Uneinigkeit über die Linienführung bei Bryggen wurde hingegen der Bau der Strecke nach Fyllingsdalen vorgezogen, die im November 2022 in Betrieb gelangte. Die anfänglich auch gegen heftigen Widerstand gebaute Bybane Bergen erweist sich heute als nicht mehr wegzudenkendes Erfolgsmodell. Auf dem Netz der Bybane Bergen fahren pünktlich gelieferte Straßenbahnen des Typs Variobahn von Stadler Rail auf überwiegend eigenem Trasse.
Jürg Streuli, Fachjournalist
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