
Oslo, 4. Mai 2023. Mitgliedsunternehmen der AHK Norwegen bewerten die aktuelle Wirtschaftslage in Norwegen positiv, blicken aber deutlich kritischer auf die Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten als im Vorjahr. Vor allem die politische und wirtschaftliche Stabilität wird in Norwegen als geringer wahrgenommen und lässt das Land an Attraktivität als Wirtschaftsstandort verlieren, so die Ergebnisse der diesjährigen Konjunkturumfrage der Deutsch-Norwegische Handelskammer unter Mitgliedern und Partnern in der norwegischen und deutschen Wirtschaft.
Die Unternehmen gaben in der Umfrage an, dass sie ihre aktuelle Finanzlage, die erwartete Geschäftsentwicklung und die erwarteten lokalen Investitionen in den nächsten zwölf Monaten positiv einschätzen. 56 Prozent der befragten Unternehmen bewerten die eigene Geschäftslage als „gut“. 2022 waren es 55 Prozent. Die Folgen des Corona-Jahres 2020, in dem nur 25 Prozent angaben, die Lage sei gut, scheinen überwunden. Sieben Prozent halten die Lage für „schlecht“, eine leichte Steigerung gegenüber den fünf Prozent im Vorjahr. 45 Prozent der Unternehmen erwarten eine Verbesserung der Geschäftsentwicklung in den nächsten 12 Monaten; 32 Prozent erwarten höhere Investitionen.
Norwegen als Wirtschaftsstandort weniger attraktiv
In der Konjunkturumfrage war ein deutlicher Negativtrend zu erkennen: Norwegen hat als Wirtschaftsstandort in den letzten zwölf Monaten an Attraktivität verloren. Nur 24 Prozent der Unternehmen geben an, dass Norwegen seine Attraktivität in den letzten drei Jahren verbessert hat, für 33 Prozent hat sich die Attraktivität des Landes verschlechtert. 2022 beantworteten dies nur sieben Prozent der befragten Unternehmen.
Unsichere politische und wirtschaftliche Stabilität
Die größte Unsicherheit ist mit der politischen und wirtschaftlichen Stabilität verbunden. Ganze 57 Prozent der teilnehmenden Unternehmen gaben dies als Risikofaktor an. Dies hängt eindeutig mit der Einführung der Grundrentensteuer zusammen, die über die Fischerei- und Energiewirtschaft hinausgehen wird, und die Rückwirkung dieser Steuer. Zudem werden Handelshemmnisse als größerer Risikofaktor wahrgenommen als früher: 40 Prozent geben dies an, verglichen mit 14 Prozent im Jahr 2022.
„Norwegen hat sich im Zusammenhang mit der Energiekrise als verlässlicher Partner für Deutschland erwiesen. Das Land ist Deutschlands größter Energieversorger und das wirkt sich positiv auf die gesamte Geschäftswelt aus“, resümiert Michael Kern, Geschäftsführer der Norwegisch-Deutschen Handelskammer. „Größere Unsicherheit sehen wir aber auch im Zusammenhang mit der Erbbauzinssteuer. Dies wird zu unbekannten Kosten führen, die vorher nicht bekannt waren. Wird die Steuer rückwirkend eingeführt, wird dies auch für andere Branchen zu großer Unsicherheit führen, die dann möglicherweise ähnliche Regelungen innerhalb ihrer Branche befürchten.“
Die Wirtschaftsumfrage zeigt auch, dass sich die Unternehmen offenbar an die Energiekrise und Rohstoffunsicherheit angepasst haben: 60 Prozent der Unternehmen empfanden die Energie- und Rohstoffpreise im Jahr 2022 als Risiko. Im Jahr 2023 gaben nur 28 Prozent an, dass sie die Energiepreise als Risikofaktor und 32 Prozent die Rohstoffpreise als Risikofaktor betrachteten.
Der Fachkräftemangel wird in Norwegen zwar weniger stark empfunden als 2022 (54 Prozent), dennoch sehen darin 44 Prozent der Unternehmen einen Risikofaktor für die nächsten zwölf Monate – ein etwas höherer Prozentsatz als in der weltweiten Umfrage (40 Prozent).
Stabile Geschäftslage weltweit

Die Konjunkturumfrage der Deutsch-Norwegischen Handelskammer ist Teil der globalen Umfrage „AHK World Business Outlook“, durchgeführt vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Die weltweite Umfrage zeigt ein ähnliches Bild: Von den insgesamt rund 5.100 befragten Unternehmen bewerteten rund 49 Prozent ihre Geschäftslage als gut, 35 Prozent planen dies mehr vor Ort investieren.
Vor allem in Nordamerika planen mehr Unternehmen, mehr lokal zu investieren – doppelt so viele wie im globalen Durchschnitt. Neben verschiedenen lokalen Vorteilen wie günstigeren Energiepreisen und der Größe des nationalen Marktes zieht auch der von der US-Regierung eingeführte Inflation Reduction Act (IRA) zusätzliche Investitionen an.
Allerdings zeichnet sich ab, dass der Fachkräftemangel weltweit immer mehr zum Engpass wird. 40 Prozent der Unternehmen befürchten, nicht genügend qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen – das sind mehr denn je.