Oslo, 5. Januar 2023. Norwegen und Deutschland wollen enger zusammenarbeiten, um mehr erneuerbare Energie zu produzieren und eine grüne Industrie zu schaffen. Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre und Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck bekundeten während eines zweitägigen Besuchs von Habeck in Oslo die Absicht, die Kooperation zwischen beiden Ländern in den Bereichen Wasserstoff, Batterien, Offshore-Wind und CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) weiter auszubauen.

Beide Länder würden jetzt in eine strategische Partnerschaft eintreten, sagte Støre. Jetzt starte man eine neue Initiative für grüne Projekte. Norwegen sei lange nicht mehr so wichtig für Deutschland und Deutschland so wichtig für Norwegen gewesen. Durch Zusammenarbeit können gemeinsame Ziele einer grünen Industrialisierung und niedrigerer Emissionen erreicht werden.
Auch Habeck bestätigte, dass sich die Partnerschaft stetig weiterentwickelt hat. Norwegen habe unter anderem geholfen, dass die deutsche Industrie aufgrund des Stopps der Erdgaslieferungen aus Russland nicht vollständig heruntergefahren werden musste. Die Gasspeicher seien gut gefüllt.
Im Zentrum seines zweitägigen Besuches in Norwegen stehe die Dekarbonisierung der Industrie, so Habeck, speziell die Lieferung von Wasserstoff nach Deutschland. Deutschland werde Kraftwerke bauen, die vorerst mit dekarbonisiertem Wasserstoff betrieben werden und später, wenn genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht, mit diesem betrieben werden soll.
Die Zusammenarbeit im Bereich Energie sei verbunden mit dem Hochlauf der Produktion in beiden Ländern. Die Dekarbonisierung schaffe ein neues Feld für Innovationen und die Herstellung von Produkten wie Elektrolyseuren oder digitalen Systemen. Europa müsse diese Industriezweige besetzten, sagte Habeck. Er sicherte dem norwegischen Premierminister zu, dass Norwegen als Nicht-EU-Mitglied Teill der Allianz beim Aufbau neuer Industrien in Europa sein werde.
Auf die Frage, warum die in Deutschland vorherrschende Skepsis der Anwendung von CCS (Abspaltung und Lagerung von CO2 unter dem Meeresboden) keine Bedeutung mehr hat und Deutschland nun in diesem Bereich mit Norwegen zusammenarbeiten will, sagte Habeck: „Die Skepsis in Deutschland hat zwei Gründe gehabt. Zuerst: Ist die Technik sicher? Und der zweite Grund ist: Verhindert das Abschalten von CO2 den Fortschritt in alternativen Techniken? Auf beides gibt es eine Antwort, die jetzt ernst genommen werden muss. Nach allen wissenschaftlichen Analysen ist die Technik sicher. In Norwegen hat man jahrzehntelange Erfahrungen damit gemacht und das, was befürchtet wurde, dass CO2 wieder ausweicht und Schaden an anderer Stelle anrichtet, ist nicht eingetreten.“ Der zweite Aspekt sei: Die technische Entwicklung in vielen Bereichen sei vorangegangen, und es gebe bisher keine technologische Lösung, die es in kurzer Zeit ermöglicht, eine dekarbonisierte Industrie aufzustellen. „Solange wir keine Alternative haben, dürfen wir nicht länger warten: Lieber CO2 in die Erde als in die Atmosphäre.“
Auf die Frage, welchen Nutzen die Partnerschaft mit Deutschland im Energiebereich für Norwegen bringt, antwortete Støre: Es sei im Interesse Norwegens, dass Alliierte und Partner gut durch die Krise kommen, im Interesse norwegischer Jobs und der norwegischen Industrie, dass die Industrie in Deutschland in voller Geschwindigkeit funktioniert.
Robert Habeck führte während seines Oslo-Besuches auch Gespräch mit Öl- und Energieminister Terje Aasland, Industrieminister Jan Christian Vestre und Klima- und Umweltminister Espen Barth Eide.
Robert Habeck und Norwegens Industrieminister Christian Vestre unterzeichneten eine Gemeinsame Erklärung über eine Deutsch-Norwegische Partnerschaft in den Bereichen Klima, erneuerbare Energien und Grüne Industrie. Konkret vereinbarten sie die Zusammenarbeit in den Feldern:
- Climate Policy
- Hydrogen
- Renewable Energy / Offshore Wind
- Negative emissions / CCS
- Raw & Processed Materials and Batteries
- Maritime industry / Green shipping
- Microelectronics
Mit dem Energieminister unterzeichnete der deutsche Wirtschaftsminister eine Gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff.
Treffen mit Wirtschaftsvertretern in der AHK Norwegen

Während seines Besuches traf sich Robert Habeck gemeinsam mit seinem norwegischen Kollegen Vestre mit Vertreter der deutschen und der norwegischen Wirtschaft zu einem Gespräch in den Räumlichkeiten der AHK Norwegen. Dabei ging es vor allem um die Zusammenarbeit im Bereich Green Shipping. Dort bieten sich laut Minister Vestre exzellente Voraussetzungen für eine noch tiefere Kooperation. Norwegen und Deutschland verfügten beide über eine weit entwickelte maritime Industrie. Norwegen habe sich zudem einen Namen gemacht als fortschrittliches Testgebiet, sowohl für Elektromobilität auf See als auch für autonome Schifffahrt, so Vestre.

Auch Möglichkeiten der vertieften Zusammenarbeit bei der Produktion und beim Recycling von Batterien wurden diskutiert. Norwegen ist gut im Batterie-Markt positioniert und verfügt über viele der dort nötigen Rohstoffe. „Ich freue mich sehr, mehr zu erfahren über Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zwischen der norwegischen und der deutschen Industrie in diesen Bereichen“, sagte Habeck. Und er fügte hinzu: „Batteriebetriebene Fähren wünsche ich mir auch in Deutschland!“
Viele der anwesenden Unternehmensvertreter stellten während des Gesprächs Pilotprojekte vor, die sie in den Bereichen Batterietechnologie und Green Shipping umsetzen. Sie betonten, dass von politischer Seite Vorhersehbarkeit und Anreize wichtig seien, um schnell von Pilot- zu größeren Projekten überzugehen.
„Sowohl Jan Christian Vestre als auch ich wollen Unternehmen aus beiden Ländern zusammenbringen, um kreative Lösungen zu finden, wie wir die Herausforderungen der Zukunft meistern können“, sagte Habeck. „Und wir würden es vorziehen, bereits kommende Woche mit der Arbeit zu beginnen“, fügte Vestre mit einem Augenzwinkern hinzu.
Michael Kern, Geschäftsführer der AHK Norwegen, erklärte im Anschluss an die Diskussionsrunde: „Wir haben uns neben den Energiethemen für die Themen Green Shipping und Batterietechnologie entschieden, da in diesen beiden Bereichen ein großes Potenzial für eine Zusammenarbeit zwischen Norwegen und Deutschland besteht.“ Norwegen habe in diesen Bereichen bereits viel Erfahrung gesammelt, und es liege natürlich im Interesse von Exportweltmeister Deutschland, Waren auf dem Seeweg mit einem kleineren CO2- Fußabdruck exportieren zu können. „Darüber hinaus sehen wir, dass die in beiden Ländern im Aufbau befindlichen Wertschöpfungsketten für Batterietechnologie wichtig für die Mobilität der Zukunft sein werden.“
Finden Sie hier weitere Vereinbarungen am Rande des Besuchs: