Verleihung des Willy-Brandt-Preises 2022 an Prof. Dr. Joachim Dorfmüller und Helga Arntzen im Felleshus in Berlin

Berlin, 2. Dezember 2022. Am 2. Dezember wurde in der norwegischen Botschaft im Felleshus in Berlin zum 23. Mal der Willy-Brandt-Preis für herausragendes Engagement zur Förderung der deutsch-norwegischen Beziehungen übergeben. In diesem Jahr erhielten Helga Arntzen und Prof. Dr. Joachim Dorfmüller die Auszeichnung. Begrüßt wurden die Gäste von den Co-Vorsitzenden der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung, Franz Thönnes, Parlamentarischer Staatssekretär a.D., und Sverre Myril, Mitglied des norwegischen Parlaments Storting, sowie von Torgeir Larsen, Norwegens Botschafter in Deutschland.
450.000 junge Norweger, vor allem Schüler und Lehrer, haben seit 1992 ehemalige Konzentrationslager in Deutschland, Polen und anderen Ländern und Gefangenenlager in Norwegen besucht. Sie reisten nach Auschwitz, Kraków, Birkenhain, Buchenwald und Ravensbrück, nach Grini bei Oslo, Espeland bei Bergen und Falstad bei Trondheim. “Impfung gegen faschistisches Gedankengut” nennt Helga Arntzen diese Reisen – die Frau, die 1998 die Stifung Aktive Fredsreiser in Risør gründete, um der jungen Generation die Gräueltaten des Faschismus vor Augen zu führen.
Arntzen, 1942 geboren, lebt seit 1965 in Norwegen. Als rechtsradikale Tendenzen unter den Jugendlichen spürbar wurden, wurde sie aktiv. Allerdings reichte es ihr nicht, die Jugendlichen nur in die Vergangenheit zu führen. Anfangs in Norwegen selbst von den Vorbehalten der Norweger betroffen, wollte sie auch den Unterschied zeigen zwischen Nazideutschland und dem demokratischen Deutschland von heute. So konfrontieren die Reisen mit dem Bösen – zeigen aber auch das schöne Deutschland. Ihr liegt die deutsch-norwegische Verständigung am Herzen. Dafür hat sie schon viele Preise erhalten, unter anderem die Verdienstmedaille des norwegischen Königs in Gold und das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Am 2. Dezember ehrte die Norwegisch-Deutsche Willy-Brandt-Gesellschaft Arntzen mit dem Willy-Brandt-Preis 2022.
Michelle Müntefering, Mitglied des Deutschen Bundestages, Staatsministerin im Auswärtigen Amt a.D., hob die Fähigkeit der Preisträgerin hervor, Bildung, Erkenntnis und Aufklärung als wirksames Mittel gegen Indoktrination faschistischen Gedankenguts einzusetzen.
Der deutsche Preisträger Prof. Dr. Joachim Dorfmüller erhielt die Auszeichnung für sein Engagement zur Förderung norwegischer Komponisten und ihrer Werke in Deutschland. In seiner Dankesrede freute sich der Musikwissenschaftler und Pianist vor allem darüber, dass er der erste Musiker auf deutscher Seite ist, der diesen Preis erhält. Auf norwegischer Seite wurden in diesem Metier bereits der Jazzmusiker Jan Garbarek und die Sängerin Wencke Myhre ausgezeichnet.
Dorfmüller hat seine Dissertation über Klaviermusik norwegischer Komponisten geschrieben. Sein Leben lang widmet er sich dem kompositorischen Schaffen des norwegischen Komponisten Edvard Grieg und seiner Zeit. 1995 gründete er die Deutsche Edvard Grieg-Gesellschaft e.V..
Den Grundstein seiner Liebe zu Norwegen habe 1965 der norwegische Opernsänger Erlend Birkeland gelegt, der in Wuppertal einen Auftritt hatte, dessen Klavierbegleitung aber ausgefallen war. Dorfmüller wurde gerufen. Man übergab ihm handgeschriebene Noten, und das Konzert konnte stattfinden. Ein Jahr später gingen der norwegische Opernsänger und der deutsche Pianist in Norwegen gemeinsam auf Konzert-Tour. Weitere acht gemeinsame Konzertreisen folgten. Insgesamt 42 Konzertreisen absolvierte Dorfmüller in Norwegen. Die Wintertouren liebte er besonders.

In ihrer Laudatio – auf Deutsch – beschreibt die norwegische Außenminister Anniken Huitfeldt den Musikwissenschaftler als “Ildsjel”, als Feuerseele – einen Menschen, der innerlich für eine Sache brennt und mit Kraft für das Gemeinwohl arbeitet. Da Dorfmüller nicht nur die Komponisten der Vergangenheit im Blick hat, sondern sich auch mit aktueller norwegischer Musik beschäftigt, habe er einen maßgeblichen Anteil an der Zusammenführung der deutschen und der norwegischen Musikszene.
Der Preis besteht aus einer Willy-Brandt-Büste des norwegischen Bildhauers Nils Aas sowie einer
Ehrenurkunde.