
Oslo, 10. November 2022. Der norwegische Energiekonzern Equinor und die Wisting-Partner haben beschlossen, die für Dezember 2022 geplante Investitionsentscheidung zum Ausbau des Erdöl- und Erdgasvorkommens Wisting in der Barentssee auf Ende 2026 zu verschieben. Als Grund nennt das Unternehmen den Kostenanstieg aufgrund der erhöhten globalen Inflation und des Kostenwachstums in der Zulieferindustrie sowie die Unsicherheit über die Rahmenbedingungen insgesamt. Die aktualisierte Investitionsschätzung für Wisting beziffert Equinor mit 104 Milliarden NOK. Im Februar dieses Jahres hatte Equinor die erwarteten Investitionen noch auf eine Summe zwischen 60 bis 75 Milliarden NOK geschätzt.
Das Öl- und Gasfeld Wisting (PL 537) wurde 2013 von der norwegischen Tochter des österreichischen Energieunternehmens OMV entdeckt. Das Feld befindet sich im Hoop-Gebiet in der Barentssee, rund 310 Kilometer nördlich von Hammerfest in einer Meerestiefe zwischen 39 und 418 Meter. Die Entdeckung Wisting enthält fast 500 Millionen Barrel Öläquivalent. Bisher wurden sechs Brunnen gebohrt. Die sechste und letzte Erkundungsbohrung (Wisting Central III) wurde 2017 abgeteuft. Geplanter Beginn der Produktion in Wisting war ursprünglich 2028.
Die globale Inflation und Herausforderungen auf den Energiemärkten aufgrund des Krieges in der Ukraine würden Kapazitätsprobleme und Engpässe bei internationalen und norwegischen Lieferanten schaffen. Die Vorlaufzeit der Werften und Ausrüstungslieferanten habe zugenommen.
„Viele Menschen haben hart daran gearbeitet, Wisting zu realisieren, und die Entscheidung ist anspruchsvoll. Im aktuellen Anbietermarkt ist es jedoch die richtige Entscheidung, die Investitionsentscheidung zu verschieben, um eine wirtschaftlich solide Entwicklung und Robustheit in der Ausführungsphase des Projekts sicherzustellen. Wenn der Druck auf dem Lieferantenmarkt nachlässt, kann das Wisting-Projekt gut umgesetzt werden“, sagt Geir Tungesvik, Executive Vice President, Projects, Drilling & Procurement von Equinor.

Equinor ist seit mehr als 40 Jahren in Nordnorwegen und in der Barentssee präsent, und die Branche habe erhebliche Werte, Aktivitäten und Arbeitsplätze geschaffen, erklärt Kjetil Hove, Executive Vice President für Exploration & Production Norway. 2024 werde das Castberg-Feld 2024 in Betrieb gehen. Die Barentssee soll weiter erkundent und weiterentwickelt werden.
Equinor und seine Partner wollen nun das Entwicklungskonzept, die Power-from-Shore-Lösung, weiterentwickeln und neue Lieferantenmodelle für Wisting in Betracht ziehen.
Sowohl die ehemalige Hammerfest-Bürgermeisterin Marianne Sivertsen Næss als auch der derzeitige Bürgermeister Terje Wikstrøm äußerten sich gegenüber e24.no enttäuscht über die Verschiebung. Sie glauben, dass das Feld Arbeitsplätze, Aktivitäten und andere Dominoeffekte im Norden schaffen kann.
„Wisting ist eines der größten Industrieprojekte im Norden überhaupt und wird viel für Wertschöpfung und Arbeitsplätze bedeuten. Vor allem im Norden und für die Zulieferindustrie entlang der Küste. Ich freue mich, dass die Arbeit fortgesetzt wird und das Projekt verschoben und nicht in die Schublade gesteckt wurde“, sagt Næss zu E24.
Storting-Vertreter Ola Elvestuen dagegen erwartet, dass das Projekt ganz beendet wird. Das nördlichste Ölfeld der Welt zu starten, wenn die Klimakrise die Welt ernsthaft in Mitleidenschaft zieht, mache keinen Sinn. Das Wisting-Projekt sei mit den Klimazielen des Pariser Abkommens nicht vereinbar, so Elvestuen. Arild Hermstad, Chef der Umweltpartei Die Grünen, Miljøpartiet De Grønne, hält das Projekt für eine Verhöhnung der Klimaziele und des Pariser Abkommens. Wisting stelle ein wahnsinniges Risiko für die gefährdete Natur dar und es sei unmöglich zu verstehen, dass dies wirtschaftlich rentabel sein könnte, erklärt er gegenüber E24.
Die Wisting-Partner: Equinor Energy AS (35 %) al s Betreiber, AkerBP AS (35 %), Petoro AS (20 %) und INPEX Idemitsu Norge AS (10 %). Der österreichische Konzern OMV hat seinen 25%-Anteil am Ölfeld Wisting im Oktober 2021 an Lundin Energy AB verkauft.