
Tromsø, 11. Oktober 2022. Die Arktische Universität, Norges arktiske universitet UiT, hat das Buch „Andre verdenskrig i nord. En annerledes hverdag“, (Der zweite Weltkrieg im Norden. Ein anderer Alltag) über die deutsche Besatzung der nördlichen Regionen Norwegens im Zweiten Weltkrieg herausgegeben. Auf über 1.800 Seiten werden die verschiedenen Aspekte – von der erzwungenen Evakuierung und der Brandschatzung in der Finnmark, dem Feldzug 1940 im Norden bis zur Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht – von Historikern aufgearbeitet.
„Wir wollten wirklich wissen, was im Norden passiert ist. Am Ende kamen so viele neue Themen zusammen, dass das Werk insgesamt 500 bis 600 Seiten größer wurde als geplant“, sagt Fredrik Fagertun, Projektleiter und Chefredakteur des dreibändigen Werks „Der Zweite Weltkrieg in Nordnorwegen“, das in dieser Woche veröffentlicht wird.

Fast die Hälfte der rund 350.000 Deutschen, die während des Krieges in Norwegen stationiert waren, befand sich in Nordnorwegen. Das waren etwa zwölf Prozent der Bevölkerung des Landes. Das Spannungsfeld zwischen zivilem Widerstand und Kollaboration in der Region ist daher eines der vielen Themen, mit denen sich Historiker intensiv auseinandersetzen.
Einer der Bände ist ganz dem Alltag in Nordnorwegen während des Krieges gewidmet. Wie gestalteten sich Kindheit und Schulzeit unter deutscher Besatzung?Deutschen auf dem Dachboden? Wozu führte der enge Kontakt mit den vielen Besatzern? Was umfasste der zivile Widerstand – und was geschah mit dem kulturellen Leben?
„Wir müssen bedenken, dass die Nordländer in weitaus größerem Maße als im Süden die Deutschen in ihrer Nähe erlebten, zum Beispiel in Privathäusern. Wo war die Grenze des Akzeptablen im Arbeitsleben? Die Menschen mussten leben. Wann haben sie den Deutschen gedient? Es war ein Thema, mit dem wir uns sehr intensiv beschäftigen mussten“, betont Fagertun. Die starke Präsenz des deutschen Militärs beeinträchtigte die alltäglichen Aktivitäten und die Möglichkeit der Arbeit.
Die Konzentration der Deutschen auf Nordnorwegen war unter anderem darauf zurückzuführen, dass das Land zu einer wichtigen Versorgungsroute für den Krieg an der Ostfront wurde.
„Nordnorwegen wurde durch Lieferungen deutscher Truppen und Material an den nördlichen Teil der Front sowie nach Finnland zu einem funktionalen Teil des Krieges an der Ostfront“, erklärt Fagertun. Gleichzeitig seien im Norden Häfen, Straßen und Eisenbahnenstrecken ausgebaut worden. Das sei unglaublich ressourcenintensiv gewesen, sei aber von den Deutschen als notwendig erachtet worden.
Die große deutsche Präsenz im Norden habe auch einen fruchtbaren Boden für eine umfangreiche Widerstands- und Geheimdiensttätigkeit von alliierter und von norwegischer Seite bereitet. Auch das ist ein Thema, das in dem Buch ausführlich behandelt wird.
Neben UiT haben Historiker anderer Institutionen, darunter Nord University, Technische Universität Trondheim NTNU, Forsvarets høgskole und das Reconstruction Museum in Hammerfest Beiträge zugeliefert. Insgesamt haben 32 Autoren an dem Buch mitgearbeitet.
Die drei Bände sind „Angriff und Besetzung“, Herausgeber Fredrik Fagertun, „Ein anderes Alltagsleben“, Herausgeber Bjørg Evjen und „The Struggle for Freedom“, Herausgeber Stian Bones.
„Andre verdenskrig i nord“ erscheint im Orkana-Verlag.