
Oslo, 22. Juni 2022. Insgesamt 106 Flugzeugtechniker bei SAS, Widerøe und Norwegian sind in Norwegen in den Streik getreten. Am Mittwoch und Donnerstag strichen die Fluggesellschaften Norwegian und Widerøe Flüge, neben Inlandsflügen auch die internationalen Strecken nach London, Kopenhagen, Kraków, Stockholm und Mallorca. Flüge nach Berlin und Frankfurt/Main sind nicht betroffen. Für den Freitag, 24. Juni, wurden keine Annullierungen gemeldet, wie norwegische Medien berichten. Sie weisen aber darauf hin, dass sich die Situation im Laufe des Tages ändern könne. Allerdings würden alle Passagiere rechtzeitig informiert.
Am Dienstag, 21. Juni, kündigte die Arbeitgeberorganisation NHO eine Aussperrung an, die am Sonntagabend wirksam werden soll, sofern die Parteien, die NHO Luftfart und die Gewerkschaft Norwegian Aircraft Technician Organization (NFO) bis dahin keine Lösung gefunden haben, teilt NHO mit. Bei Flügen von und nach Norwegen muss mit Verspätungen gerechnet werden.
Kern der Verhandlungen zwischen NHO Luftfart und der Norwegian Aircraft Technician Organization (NFO) sind nach Angaben der NHO die Finanzen. NFO verlangt 60 NOK mehr pro Stunde, was einer Lohnerhöhung von 17 Prozent entspricht. Damit werde die Grenze von 3,7 Prozent durchbrochen. Die Schlichtung wurde somit in der Nacht zum Samstag, den 18. Juni, um 03.50 Uhr, ergebnislos beendet.
„Vor der Schlichtung lag ein Angebot auf dem Tisch, das auf dem gleichen Niveau lag, wie es andere Gruppen in diesem Jahr beim Tarifabschluss erhalten hatten. Wir sind sehr überrascht von der enormen Distanz. Wir haben uns so weit wie möglich um weitere bessere Bedingungen für diese Gruppe bemüht, aber es hat nicht geklappt“, sagt CEO von NHO Luftfart, Torbjørn Lothe.

31 Flugzeugtechniker bei SAS, Widerøe und Norwegian sind am Samstagmorgen in den Streik getreten. Am Montag, den 20. Juni, verstärkte die NFO den Streik mit 75 neuen Flugzeugtechnikern. Insgesamt stellt dies ein Viertel aller Flugzeugtechniker in NFO dar.
Der Beruf des Luftfahrttechnikers erfordere eine mindestens 7-jährige Ausbildung. Die Löhne stünden schon so lange unter Druck, da der Beruf nicht mehr konkurrenzfähig ist, teilt die Gewerkschaft NFO mit. In Norwegen gebe es nur vier Schulen, und die Schulklassen seien nicht gefüllt. Die norwegische Armee habe angekündigt, in den nächsten fünf Jahren bis zu 300 Flugzeugtechniker zu benötigen.
Die Gewerkschaft NFO begründet ihren Arbeitskampf mit dem Mangel an Nachwuchs für Flugzeugtechniker. „Wir sind etwas mehr als 400 Flugzeugtechniker in ganz Norwegen, aufgeteilt in den Fluggesellschaften Babcock, Norwegian, SAS und Widerøe. Die Fluggesellschaften dürfen nicht rekrutieren und die Demografie ist grausam, ca. 70 Prozent der Flugzeugtechniker sind über 50 Jahre alt“, heißt es in einer Pressemitteilung. Covid-19 habe die Fluggesellschaften in den Ruin getrieben und im Herbst 2020 seien viele der jüngsten Flugzeugtechniker entlassen worden. Jetzt, da die Reiselust etwas zunimmt und die Fluggesellschaften ihre Dienste wieder brauchen, wollen sie nicht mehr zurückkehren. Praktisch keiner der Entlassenen sei zurückgekehrt. „Warum sollten sie in einen Beruf zurückkehren, der weniger bezahlt wird und man nachts, am Wochenende und an Feiertagen arbeiten muss?“, so die Position der Gewerkschaft.
Die Norwegian Aircraft Technician Organization ist eine unabhängige Gewerkschaft und nicht Teil der LO-Familie. NFO hat einen eigenen Hauptvertrag mit direktem Verhandlungsrecht gegenüber NHO Luftfart. Der Verband hat rund 430 Mitglieder bei Norwegian, SAS, Widerøes Flyveselskap, Babcock Scandinavian Engineering, Norse Atlantic Airways und Kongsberg Aviation Maintenance Services.