
Oslo, 16. März 2022. Norwegen und Deutschland werden ihre Energiezusammenarbeit ausbauen. Bei einem spontan angefragten Besuch des deutschen Vizekanzlers und Wirtschafts- und Klimaministers Robert Habeck bei Norwegens Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre am 16. März in Oslo vereinbarten die Partner, dass Deutschland künftig aus der LNG-Anlage in Hammerfest bei Bedarf Flüssiggas erhalten kan. Auch die entsprechenden Spezialschiffe werde Norwegen zur Verfügung stellen, erklärte Støre. Außerdem soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die herausfinden soll, welcher Bedarf an zusätzlichen Erdgaslieferungen und an blauem und grünem Wasserstoff in Deutschland besteht. Auch soll sich die Arbeitsgruppe, an der Industrievertreter beteiligt werden, mit möglichen Transportwegen von Hydrogen nach Deutschland befassen. Erste Ergebnisse sollen in einem halben Jahr vorliegen.
Ziel der Bestandsaufnahme zum Energiebedarf bei verschiedenen Energieträgern in Deutschland sei es, beiden Ländern verlässliche Daten in die Hand zu geben, um entsprechende Investitionsentscheidungen treffen und Produktionsvolumina festlegen zu können.
Wie Støre auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärte, sei Norwegen bereit, die maximal mögliche Menge an Erdgas nach Deutschland zu liefern. Habeck dankte Norwegen für die Bereitschaft, Deutschland bei der Diversifizierung der Energielieferungen zu unterstützen, die als Folge der russischen Invasion in der Ukraine an Dringlichkeit gewonnen habe. Erdgas sieht Habeck allerdings nur als eine Brückenlösung bei der Energiewende. Daher sei in den Gesprächen mit dem Ministerpräsidenten, dem norwegischen Wirtschafts- und dem Erdölminister die Zulieferung von CO2-freiem Hydrogen ein weiteres Thema gewesen. Auch blauer, aus Erdgas hergestellter Wasserstoff sei vorerst eine Lösung für Deutschland, so Habeck. Die Abspaltung von CO2 und dessen Speicherung unter dem Meeresboden sei besser, als das CO2 in die Atmosphäre zu schicken. Langfristig strebe man jedoch eine Zusammenarbeit bei Wasserstoff an, der aus erneuerbaren Energien hergestellt wird.
In einer gemeinsamen Erklärung Deutschland-Norwegen heißt es: „Norwegen will aktiv zur schnellen Entwicklung des Wasserstoffmarktes in Deutschland und der EU beitragen. Dazu wurde eine gemeinsame Prüfung vereinbart, um einen groß angelegten Transport, auch per Pipeline, von Wasserstoff von Norwegen nach Deutschland zu ermöglichen. Dazu wollen wir kurzfristig eine gemeinsame Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Deutschland wünscht sich Norwegen als künftigen Partner für die Produktion und Lieferung von Wasserstoff. Um möglichst schnell großvolumige Importe von Wasserstoff zu realisieren und dessen schnelle Verfügbarkeit zu gewährleisten, planen wir für eine Übergangszeit auch gemeinsam den Einsatz von blauem Wasserstoff.
In diesem Zusammenhang werden wir die Umwelt- und Klimaintegrität sicherstellen, indem wir beispielsweise die höchstmöglichen Standards für die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid festlegen. Deutschland und Norwegen wollen eng zusammenarbeiten, um eine zuverlässige Energieversorgung für Europa sicherzustellen, die auf einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien basiert. Beide Länder streben danach vollständig klimaneutral bis Mitte des Jahrhunderts, Deutschland bis spätestens 2045, Norwegen bis 2050.
Beide Länder wollen ihre Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien ausbauen. Deutschland wird künftig verstärkt daran interessiert sein, Strom aus erneuerbaren Energien zu importieren, beispielsweise aus der Offshore-Windenergie. In Anbetracht der beträchtlichen Windressourcen in der Nordsee werden Deutschland und Norwegen ihre Zusammenarbeit im Bereich Offshore-Wind verstärken, indem sie unter anderem auf der bestehenden Zusammenarbeit in der Nordsee-Energiekooperation aufbauen.“
Am Abend lud die AHK Norwegen in Kooperation mit der deutschen Botschaft in Oslo zur einer Diskussionsrunde unter dem Titel „Energy Security and renewed energy partnerships: Action needed to fulfill Norway’s potential as a reliable energy partner to Europe“ mit Robert Habeck und Vertretern von Unternehmen und Organisationen der deutsch-norwegischen Energiewirtschaft ein.
Die Reise bildete den Auftakt zu einer Reihe von Auslandsreisen des Ministers mit dem Ziel, deutsche Energieimporte auf eine breitere Grundlage zu stellen sowie den zukünftigen Bezug von grünem Wasserstoff und dazu gehöriger Ausgangsprodukte sicherzustellen, teilte das Wirtschaftsministerium vor dem Besuch in Oslo mit. Eine wichtige Rolle wird dabei u.a. der Import von verflüssigtem Gas (LNG) und eine enge Kooperation beim Ausbau der Wasserstoff- und weitere Klimaschutz- und Umwelttechnologien spielen. „so brauchen wir einerseits, kurzfristig und vorübergehend mehr LNG-Gas. Anderseits müssen wir die künftige Umstellung von konventionellem Erdgas auf grünen Wasserstoff bzw. Wasserstoffderivate wie Ammoniak jetzt noch schneller auf den Weg bringen. Dies geht am besten im europäischen und internationalen Verbund“, erklärte Habeck.
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