Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf norwegische Exporte von Meeresfrüchten

Im vergangenen Jahr gingen 1,8 Prozent der norwegischen Exporte von Meeresfrüchten in die Ukraine, vor allem Lachs, Forelle, Hering und Makrele.©Grethe Hillersøy/Norwegian Seafood Council

Oslo, 10. März 2022. Lebensmittel inklusive Fisch und Meeresfrüchte sind nicht direkt von den aktuellen EU-Sanktionen betroffen. Allerdings kam der Export in die Ukraine nach Informationen des Norwegian Seafood Council vollständig zum Erliegen. „Die Situation in der Ukraine ist sowohl sehr ernst als auch unklar. Was die Folgen für die norwegischen Exporte von Meeresfrüchten in das Land betrifft, ist es noch zu früh, um die weitere Entwicklung einschätzen zu können“, sagt Tom Jørgen Gangsø, Direktor für Markterkundung und Marktzugang beim Norwegian Seafood Council.

Wie Gangsø weiter erklärt, suchen norwegische Fischexporteure andere Märkte für den Fisch, der für die Ukraine bestimmt war. Dies gelte auch für andere Nationen wie Chile und die Färöer-Inseln. Damit würde sich auch die Wettbewerbssituation auf anderen Märkten verschärfen.

Die Sperrung des Luftraums als Folge des Ukraine-Krieges betreffe auch die Luftfracht von Meeresfrüchten von Norwegen nach Asien. Finnair stellte vom 27. Februar bis 6. März alle Flüge über Russland ein. Die EU und mehrere andere Länder haben den Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt, und Russland hat daraufhin den Luftraum für 36 Länder, darunter Norwegen, dicht gemacht. Vorerst könnten asiatische Exporteure und Importeure wie gewohnt fliegen, während die westlichen Exporteure den Fisch um Russland herum transportieren müssen, so Gangsø. Das bedeute einen längeren Transportweg und höhere Luftfrachtkosten. Eine geringere Frachtkapazität als normal führe auch zu geringerer Flexibilität.

Ein Großteil der Exporte in die Ukraine und nach Belarus ging bisher über das Baltikum und teilweise über Polen. Von dort wurde es per Lkw und teilweise per Bahn weiter in die beiden Länder transportiert. Gangsø geht davon aus, dass nach dem Lieferstopp für die Ukraine auch die Exporte aus dem Baltikum und Polen nach Belarus entsprechend der aktuellen Situation bald eingestellt werden. Das gelte auch für den Transport pelagischer Arten per Bahn und Schiffsverkehr in die Länder am Schwarzen Meer.

Am 24. Februar befahlen die russischen Behörden, alle russischen Lastwagen nach Russland zurückzuschicken. Einige dieser Lastwagen wurden wurden bisher für den Transport von Fisch sowohl in die Ukraine als auch in die EU-Länder eingesetzt.

Am 23. Februar stoppte die ukrainische Zentralbank alle Zahlungen ins Ausland.

Nach Norwegen liefern russische Schiffe weiter einige Felchen und Garnelen an Tiefkühlterminals zur Weiterverarbeitung oder zum Rexeport.

Der Norwegian Seafood Council erwartet, dass Exporte in die Ukraine sehr schwierig bleiben und internationale Sanktionen und Gegensanktionen den internationalen Handel beeinträchtigen werden, auch die norwegischen Meeresfrüchteexporte in die Eurasische Wirtschaftsunion.

Im Zusammenhang mit der russischen Invasion in der Ukraine hat der Seafood Council Zahlen und Fakten zum Export von Meeresfrüchten in die Länder der Euroasischen Wirtschaftsunion und in die Ukraine zusammengetragen:

  • Auf die Ukraine entfallen 1,8 Prozent des gesamten Exportwerts norwegischer Meeresfrüchte. Norwegen exportierte 2021 Meeresfrüchte im Wert von 2,2 Milliarden NOK in die Ukraine. Hauptsächlich wurden Lachs, Forelle, Hering und Makrele geliefert.
  • Auf Russland entfallen 0,2 Prozent des gesamten Exportwerts norwegischer Meeresfrüchte. Norwegen exportierte im Jahr 2021 Meeresfrüchte im Wert von 248 Millionen NOK nach Russland.
    Nach Russland handelt es sich hauptsächlich um Exporte von lebenden Salmoniden (Smolts für die Zucht), Futtermitteln und Zutaten für Futtermittel (typische Aquakulturprodukte).
  • Auf die Eurasische Wirtschaftsunion entfallen insgesamt 1,7 Prozent des gesamten Exportwerts norwegischer Meeresfrüchte. Norwegen exportierte 2021 Meeresfrüchte im Wert von zwei Milliarden NOK in die EWU. Die Eurasische Wirtschaftsunion besteht aus Russland, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Armenien.
    Lachs, Forelle, Hering und Makrele werden hauptsächlich in die EU exportiert.
  • Belarus macht 0,9 Prozent des gesamten Exportwerts norwegischer Meeresfrüchte aus. Norwegen exportierte 2021 Meeresfrüchte im Wert von 1,14 Milliarden NOK. Forelle, Hering und Lachs waren die wichtigsten Exportwaren
  • Die Luftfracht von Meeresfrüchten nach Asien macht zwölf Prozent der norwegischen Exporte von Meeresfrüchten aus. Norwegen exportierte im Jahr 2021 Meeresfrüchte für 14,5 Milliarden NOK auf dem Luftweg nach Asien. Dabei handelt es sich hauptsächlich um frischen Lachs und Forellen sowie lebende Königskrabben, die auf dem Luftweg transportiert werden.

Russland verfügt über fast ein Drittel der weltweiten Quoten für Atlantischen Kabeljau, zusätzlich zu etwa der Hälfte der weltweiten Quoten für Pazifischen Kabeljau.

  • Russischer Kabeljau macht etwa ein Drittel der weltweiten Menge dieser beiden Arten aus, mit einem geschätzten Fang von insgesamt etwas mehr als 500.000 Tonnen Rundgewicht im Jahr 2021.  
  • Mehr als 99 Prozent der russischen Kabeljau-Exporte sind gefrorene ganze Fische und gefrorene Filets. 

Die meisten russischen Exporte von gefrorenem ganzen Kabeljau werden in China verarbeitet, bevor sie als Filets in die USA und nach Europa reexportiert werden. Auch nach Osteuropa wird gefrorener Kabeljau exportiert, wo die Fische zu Filets verarbeitet werden sowie zu Clipfish, der nach Portugal geliefert wird.
Auch in die EU und in die Vereinigten Staaten liefert Russland bedeutende Mengen gefrorener Filets. 

Der Verbrauch russischen Kabeljaus ist in einzelnen Märkten erheblich. In Ländern wie dem Vereinigten Königreich, Schweden und Deutschland stammen 30 Prozent des Kabeljaukonsums aus russischer Produktion. In Frankreich, Polen, Spanien und den USA sind es 20 Prozent. Gemessen am Volumen ist das Vereinigte Königreich mit einem Verbrauch von über 70.000 Tonnen Rundgewicht pro Jahr der größte Markt für den Verbrauch russischen Kabeljaus, gefolgt von den Vereinigten Staaten mit etwa 40.000 Tonnen. Frankreich und Spanien konsumieren jährlich etwa 30.000 Tonnen russischen Kabeljau. 

In norwegischen Häfen landeten 2021 nach Angaben der der norwegischen Fischereibehörde 112.182 Tonnen Fisch aus Russland an, meist Kabeljau, Schellfisch und Seelachs.

Quelle Verbrauchszahlen: Kontali-Warenstromanalyse, basierend auf Zahlen von 2018. 

Lesen Sie hier einen Beitrag über die Wirtschaftsbeziehungen Norwegens zur Ukraine und zu Russland.

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