Demonstrationen gegen hohe Strompreise in mehreren Städten Norwegens

Demonstration vor dem norwegischen Parlament Storting unter dem Slogan „Ja zur politischen Kontrolle über den Strom“©Screenshot Youtube/Industriaksjonen

Oslo, 20. Januar 2022. Am 20. Januar fanden in mehreren Städten, u.a. in Oslo, Kristiansand, Bergen, Stavanger, Arendal und Harstad, Demonstrationen gegen die hohen Strompreise in Norwegen statt. Initiator der Aktion war unter anderem das Aktionsbündnis Der Arbeitskampf/ Gemeinsam für eine offensive Industriepolitik unter dem Dach der Industriaksjonen, dem sich mehrere Gewerkschaften und Institutionen angeschlossen hatten. Die Protestaktion richtete sich vor allem gegen Stromexporte bei geringem Füllgrad der Speicher. Die Demonstranten forderten berechenbare und langfristige Strompreise für Industrie und Landwirtschaft sowie ein Höchstpreissystem für Strom für Haushalte.

Die Demonstration sei nicht gegen die Regierung gerichtet, betonte Remy Penev, Vorsitzender des Arbeitskampfes. Sie soll Anregung und Anstoß geben, um den rot-grünen Parteien zu helfen, die richtigen Lösungen zu finden. Der Handlungsspielraum hierfür sei vorhanden.

Lesen Sie hier einen Beitrag zum deutsch-norwegischen Stromaustausch und den Einfluss der Kabels NordLink auf die Strompreise (in norwegischer Sprache).

Mehrere prominente Politiker waren ebenfalls erschienen, darunter Ola Elvestuen von der Partei Venstre, von Januar 2018 bis Januar 2020 Klima- und Umweltminister in der Regierung Solberg, Torgeir Knag Fylkesnes von der Partei SV, Rødt-Vorsitzender Bjørnar Moxnes und Frp-Vorsitzende Sylvi Listhaug.

Im vergangenen Jahr haben die Norweger ein außergewöhnliches Stromjahr mit Rekordpreisen erlebt. Dies führte zu Aktionen, die sich vor allem gegen den Stromexport ins Ausland richten.

Der Exportwert von Strom war im Jahr 2021 nach Angaben des norwegischen Statistikamtes historisch hoch, sowohl für den Dezember als einzelnen Monat mit 3,9 Milliarden NOK als auch für das gesamte Jahr mit 17 Milliarden NOK. Im Vergleich zu 2020 haben sich die Exporterlöse fast verdoppelt. Der Strompreis stieg in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 stark an, und von Juni bis Dezember haben sich die Preise mehr als verdreifacht und waren die höchsten aller Zeiten. Der norwegische Netzbetreiber Statnett erklärt den Preisanstieg mit Wind- und Niederschlagsmangel, historisch hohen Gas- und Kohlepreisen und Stromsubstitution sowie einer Verdopplung der CO2-Quotenpreise in Europa. Insgesamt exportierte Norwegen im Jahr 2021 25,8 TWh, ein Wachstum von 3,4 Prozent gegenüber 2020. Die Importe beliefen sich auf 8,2 TWh und die Nettoexporte lagen bei 17,6 TWh, was 14,1 Prozent weniger als im Jahr 2020 entspricht.

Statnett geht allerdings davon aus, dass die Stromversorgung über den Winter in Norwegen gesichert ist – trotz geringem Füllungsgrads der Wasserspeicher.

„Auch wenn es ungewöhnliche Zeiten mit sehr hohen Strompreisen gibt, ist nach unserer Einschätzung auch im Winter eine zufriedenstellende Versorgung mit Stromrohstoffen gegeben. Auch wenn der Füllungsgrad der Stromspeicher geringer als normal ist, sehen wir, dass sowohl die Wasserversorgung der Speicher als auch die Stromversorgung aus anderen Quellen gut genug ist, dass wir uns jetzt keine Sorgen um die Versorgung durch den Winter machen müssen“, sagt Peer Olav Østli, Executive Vice President für Systems Operations bei Statnett.

In Teilen Norwegens war die Stromsituation nach Angaben von Statnett zwischen dem 27. September und dem 18. November 2021 angespannt. Dies war auf eine geringe Reservoirfüllung zurückzuführen. Wie das Unternehmen mitteilt, können auch längere Kälteperioden, die Entwicklung der Gaspreise und die späte Schneeschmelze zu ungewöhnlich hohen Preisen und der Notwendigkeit von Importen zur Versorgung des Stromsystems in Norwegen führen.

Norwegische Netto-Stromexporte

Strom-Nettoexporte nach Jahren in TWh©Statnett

„Unserer Einschätzung nach besteht keine Notwendigkeit, jetzt zusätzliche Maßnahmen zu signalisieren. Gleichzeitig können unvorhergesehene Dinge passieren, und wir verfolgen die Situation aufmerksam und kontinuierlich. Wenn wir Perioden mit ungewöhnlich kaltem Wetter bekommen, müssen wir die Situation überdenken. Gleiches gilt auch, wenn wir auf andere Weise die Stromversorgung aus der Umgebung reduzieren, betont Østli in Statnett.

In Norwegen wurden im Dezember 2021 90,2 Prozent des Storms mit Wasserkraft, 9,9 Prozent mit Windkraft erzeugt.

Das norwegische Stromsystem ist eng mit den anderen nordischen Ländern verbunden und hat Verbindungen zu mehreren Ländern. Ein guter Zugang zu den Anschlüssen sieht Statnett als Voraussetzung, wenn mehr Importe benötigt werden, um die Versorgung in Norwegen zu decken.

Im März 2021 wurde die neue Stromverbindung zwischen Norwegen und Deutschland in den Regelbetrieb genommen. Im Oktober hat der Probebetrieb des längsten Stromkabels der Welt zwischen Norwegen und England begonnen. Insgesamt haben internationale Verbindungen 2021 Rekordeinnahmen von knapp über vier Milliarden NOK erzielt. 

Norwegische Stromexporte nach Ländern

Norwegens Stromaustausch 2021 nach Ländern©Statnett.

Insgesamt exportiert Norwegen 2021 ca. 25 TWh Strom und importierte 8 TWh. Dies entspricht einem Nettoexport von ca. 17 TWh, etwas weniger als 2020. Der größte Teil des Austauschs für 2021 fand mit Dänemark statt.

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