
Kiel/Oslo, 12. Juli 2021. Nach einem Jahr Abstinenz sind mein Mann und ich am 12. Juli auf dem Weg nach Oslo. Vor einer Woche hat Norwegens Regierung die Einreisebestimmungen gelockert. Deutschland und die meisten EU-Länder wurden am 5. Juli auf der Infektionskarte von rot auf grün gestuft. Wer aus grünen Ländern anreist und nicht vollständig geimpft oder vollständig genesen ist und dies mit einem EU-Zertifikat belegen kann, braucht “nur noch” eine vorherige Registrierung mittels Online-Einreiseformular und einen Test. Das ist leichter gesagt oder geschrieben als getan. Ich bin vollständig geimpft und bin stolzer Besitzer eines EU-Zertifikats, mein Mann ist auch vollständig geimpft und hat ein EU-Zertifikat, seine Impfung allerdings liegt erst sieben Tage zurück. Der vollständige Impfschutz ist also noch nicht gegeben. Wird das EU-Zertifikat dann anerkannt?
Eine weitere Frage bleibt von der norwegischen Regierung unbeantwortet: Was für einen Test braucht man zur Einreise? Einen PCR-Test für 85 Euro, einen kostenlosen Bürgertest oder einen sogenannten Reisetest für 35,00 Euro? Auch das Ausfüllen des Einreiseformulars ist eine Wissenschaft für sich. So wird beispielsweise gefragt, wo man in Quarantäne gehen kann – wo man doch eigentlich gar keine Quarantäne braucht.
Wir haben uns für einen Reisetest in Kiel kurz vor der Abfahrt entschieden, damit dieser auch bei der Ankunft in Oslo noch gültig ist. Zur Sicherheit haben wir uns die Bestätigung unseres Sohnes schicken lassen, dass wir für die Zeit einer eventuellen Quarantäne in seinem Haus in Oslo allein wohnen können.
Als wir pünktlich 12.00 Uhr am Norwegen-Kai in Oslo ankamen, warten nur wenige Autos, erstaunlich viele davon kommen aus Belgien, die meisten allerdings aus Norwegen. Zur Kontrolle bei der Auffahrt auf die Fähre reichte mein EU-Zertifikat. Zu unserer Freude erhielten wir ein Kabinen-Upgrade, da die Fähre aus Gründen des Infektionsschutzes nicht voll belegt ist.
Auf der Fähre selbst hingen überall Plakaten mit dem QR-Code zur Registrierung der Einreise. Ansonsten ging es gemütlich zu. Das Buffet war gut wie immer, zur Show musste man sich allerdings anmelden und auch dafür bezahlen.
Beim Verlassen der Fähre wurden die Passagiere nach der Deck-Nummer zu ihren Autos gerufen. Damit entfiel das Drängeln an den Fahrstühlen. Da jedes Auto bei der Abfahrt kontrolliert wurde, führte das zu einer Wartezeit in einer Schlange nach der Ausfahrt von etwa 45 Minuten. Die freundlichen Kontrolleure ließen sich unser EU-Zertifikat zeigen und hatten keinerlei Beanstandungen, auch nicht am Zertifikat meines Mannes. Andere Fahrer ohne vollständige Impfung oder Test wurden zum Testzentrum direkt an der Ausfahrt gebeten.
Wir wurden durchgewunken. Geschafft, zugegebenermaßen mit ein wenig Aufregung, die aber gar nicht notwendig gewesen wäre.
Endlich wieder in Oslo. Was sich in einem Jahr verändert hat?

Die norwegische Hauptstadt ist weiter rasant gewachsen. Mit der Deichmann-Bibliothek, dem Munch-Museum und dem Nationalmuseum hat Oslo neue architektonische und kulturelle Highlights zu bieten. Bjørvika hat sich zu einem beeindruckenden Stadtteil entwickelt, der noch immer nicht fertiggestellt ist.

Was an diesem sonnigen Sommertag in Oslo besonders auffällt: Bei der Stadtplanung hat man an das Wohlbefinden der Osloer und zweifellos auch der Touristen gedacht und zahlreiche Strandbäder errichtet. Und die Menschen genießen es. Das ganze Zentrum ist eine einzige Badeanstalt .


Die Corona-Krise hat auch in Norwegen die Digitalisierung noch einmal beschleunigt. Im Café an der Oper bestellt und bezahlt man jetzt im Außenbereich per QR-Code, der auf den Tischen ausgelegt ist. Das wäre eine gute Sache, wenn auch ausländische Kreditkarten akzeptiert würden. Aber weder mit Visa noch Mastercard ist es und gelungen, eine Bestellung abzusetzen. Lediglich der norwegische Bezahldienst Vipps kann zu einem Kaffee und einem alkoholfreien Bier verhelfen. Vielleicht war das ganz gut so, denn eines hat sich in Oslo nicht verändert: die völlig überzogenen Preise. Jutta Falkner