Wieder mehr durch Züge getötete Tiere in Norwegen

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wurden im letzten Winter auf der Nordlandbahn über 300 Tiere von Zügen erfasst und getötet. Ursache waren vor allem die Schneemassen, die Rentiere, Elche und Hirsche auf die Schienen trieben. Der Bau von kilometerlangen Wildschutzzäunen wird fortgesetzt.©Bane Nor

Oslo, 21. April 2020. In jedem Winter werden in Norwegen zahlreiche Rentiere, Hirsche und Elche durch Züge getötet. Im vergangenen Winter mit den größten Schneemengen in Nord-Norwegen seit 50 Jahren hat sich das Problem verschärft. Besonders betroffen ist der nördliche Abschnitt der 729-Kilometer-langen-Nordslandbahn von Trondheim nach Bodø. In den letzten fünf Jahren wurden hier rund 3.000 Tiere von Zügen erfasst und getötet. In den ersten drei Monaten dieses Jahres betrug die Zahl der getötete Rentiere zwischen Steinkjer und Bodø 322, gegenüber 123 zur gleichen Zeit im Vorjahr. Allein auf dem Abschnitt von Dunderland nach Røkland in der Gemeinde Saltdal sind 169 Tiere durch Züge umgekommen. Ohne die insgesamt 26-Kilometer-langen-Wildzäune an den exponierten Stellen wären die Massaker noch verheerender ausgefallen. 

Wegen der langen Zugspausen auf schwach befahrenen Strecken werden Rentiere und Elchenicht fortwährend von den Schienen verscheucht. Sie nutzen die erhöhte Bahntrasse auf der Suche nach Nahrung, um nicht im anstrengenden Tiefschnee laufen zu müssen. Zum Ausruhen legen sich die Tiere sogar in Herden auf das Gleise.

Vieles wurde unternommen, um den Massakern ein Ende zu bereiten. So wurden Beschränkungen der Geschwindigkeiten auf den meist kurvenreichen Strecken eingeführt. Züge benötigen weit längere Bremswege als Straßenfahrzeuge. Das Lokpersonal ist in Norwegen mit einer Schusswaffe ausgerüstet, um angefahrene Tiere von ihren Leiden zu erlösen. Über viele Kilometer sind Zäune errichtet worden. Auch wurde der Versuch unternommen, den Tieren parallel zur Strecke einen gerodeten Pfad anzubieten. Hubschrauber kommen zum Einsatz, um vor einer Zugfahrt das Lokpersonal vor Tierherden auf den Schienen zu warnen. Tatsächlich begann sich die Lage im vergangenen Winter zu beruhigen. Die starken Schneefälle in diesem Winter haben das Problem wieder verschärft.

Es besteht Einigkeit darin, dass hohe Wildzäune die geeignetste Schutzmaßnahme sind. Als Fortsetzung des bestehenden Zauns auf der Nordseite des Saltfjells wird in diesem Jahr ein weiterer 16-Kilometer-langer-Wildzaun von Kjemåga nach Russånes hochgezogen. Man erwägt auch, die gesamte Bahnstrecke über das Saltfjell einzuzäunen. Dann wären auch Durchlasse für den Wildwechsel erforderlich. Aus touristischer Sicht wäre es allerdings ein Wertmutstropfen, die Natur auf einem der schönsten Streckenabschnitte durch die hohen Gitter von kilometerlangen Zäunen betrachten zu müssen.

Jürg Streuli, Fachjournalist
juerg.streuli@swissonline.ch
  

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