Berufungsgericht in Oslo: Erdölbohrungen in der Barentssee nicht verfassungswidrig

Das Osloer Berufungsgericht erklärte die 23. Lizenzvergabe des Ministeriums für Erdöl und Energie für die Erdölexploration in der Arktis, gegen die Umweltverbände geklagt hatten, heute für rechtens.©.domstol.no

Oslo, 23. Januar 2020. Das Osloer Berufungsgericht Borgarting Lagmannsrett hat heute ein Urteil im Streit um die Vergabe von Förderlizenzen in der Barentssee in der 23. Lizenzrunde gefällt. Das Gericht stimmt der Position des Staates zu, dass die Erdöltätigkeiten in der Barentssee nicht gegen § 112 der norwegischen Verfassung verstoßen.

Die Umweltverbände Natur og Ungdom (Nature and Youth) und Greenpeace Norwegen hatten den Staat 2016 (speziell das Ministerium für Erdöl und Energie) wegen der Vergabe von Produktionslizenzen in der Barentssee im Zusammenhang mit der 23. Lizenzrunde verklagt. Sie vertraten die Auffassung, dass die Vergabe von Lizenzen für Erkundungen in der Barntssee gegen die Verfassung verstoße.

Der Staat hatte den Prozess am 4. Januar 2018 vor dem Bezirksgericht gewonnen, die Umweltorganisationen fochten das Urteil daraufhin an.  

Die so genannte Umweltklausel in der norwegischen Verfassung besagt, dass jeder das Recht auf eine Umwelt hat, die die Gesundheit sichert, und dass die Ressourcen so verwaltet werden müssen, dass auch die Rechte künftiger Generationen geschützt werden. Es verlangt auch vom Staat, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Das Berufungsgericht teilte zur Begründung des jetzigen Urteils in einer Pressemitteilung mit, die Umweltorganisationen hätten zunächst geltend gemacht, dass die Entscheidung zur Lizenzvergabe das Umweltrecht gemäß Abschnitt 112 der Verfassung aufgrund der Emission von Treibhausgasen aus der Gewinnung und Verbrennung von Öl und Gas sowie der Gefahr lokaler Umweltschäden, insbesondere im Zusammenhang mit der Polarfront und der Eiskante, verletze. Die Frage habe eine Auslegung des Inhalts von § 112 der Verfassung dargestellt. Das Berufungsgericht kam wie das Amtsgericht zu dem Schluss, dass § 112 materielle Rechte verleiht, die vor Gericht verhandelt werden können. Im Gegensatz zum Bezirksgericht entschied das Berufungsgericht, dass die Bestimmung für alle geltend gemachten Umweltschäden gilt, einschließlich der Emissionen von Treibhausgasen aus der Verbrennung von Öl und Gas nach dem Export, und dass Emissionen, die aus der entsprechenden Entscheidung resultieren, nicht isoliert betrachtet werden können. Das Gericht wies darauf hin, dass die Auswirkungen des Klimawandels in Norwegen von zentraler Bedeutung seien. Die Schwelle für Verstöße gegen die Bestimmung sei hoch, und die Gerichte sollten bei der Überprüfung von Entscheidungen, die durch gründliche politische Prozesse in der Regierung und im Storting getroffen wurden, Zurückhaltung üben. In der konkreten Beurteilung gelangte das Berufungsgericht wie das Amtsgericht zu dem Schluss, dass die Entscheidung nicht gegen § 112 der Verfassung verstößt, insbesondere wurde heute betont, dass es ungewiss ist, ob tragfähige Entdeckungen gemacht werden und ob die Entscheidung zu Emissionen führen wird.

„Dies ist ein großer Schritt in Richtung Sieg. Das Berufungsgericht bestätigt, dass die Umweltklausel der Verfassung ein Recht ist, dass alle Emissionen in einem Zusammenhang gesehen werden müssen und dass Emissionen aus der Verwendung von norwegischem Öl im Ausland gemäß der Umweltklausel relevant sind“, sagt der norwegische Vorsitzende von Greenpeace, Frode Pleym.

Ein wichtiges Anliegen der Klage war der Versuch zu klären, ob Norwegen für den Export von Ölverschmutzungen verantwortlich ist. Die Umweltorganisationen seien sehr erfreut darüber, dass das Berufungsgericht den Organisationen zustimmt, dass Emissionen aus der Verbrennung nach dem Export auch für die rechtliche Beurteilung relevant sind, teilt Greenpeace Norwegen mit. „Wir freuen uns sehr, dass das Gericht die Verantwortung Norwegens für die Emissionen des von uns verkauften Öls anerkennt. Um eine Klimakrise zu vermeiden, ist es unerlässlich, dass alle Öl produzierenden Länder, einschließlich Norwegen, diese Emissionen reduzieren“, sagt Silje Lundberg, Leiterin des Naturschutzverbandes.

Wie Therese Hugstmyr Woie, Leiterin der Umweltorganisation Natur und Jugend nach dem Urteil ankündigte, will sie sich nun an den obersten Gerichtshof wenden. “Wir denken, wir sollten diesen Fall gewinnen, sei es im Gerichtssaal oder draußen”, sagte Woie.

Das Berufungsgericht setzt in diesem Fall die allgemeine Rechtskostenregel außer Kraft. Die Umweltbewegungen müssen keine Gerichtskosten zahlen, obwohl der Staat den Fall vollständig gewonnen hat. Dies liege an gewichtigen Gründen, die es vernünftig machten, Umweltorganisationen von der Kostenverantwortung auszunehmen. Es handele sich um grundlegende Fragen, an deren Klärung der Staat auch interessiert sei.

Lesen Sie hier die Pressemitteilung des Berufungsgerichtes.

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