
Norwegen ist in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Das Literaturprogramm wurde im Auftrag der norwegischen Regierung von der Literatur-Förderorganisation NORLA – Norwegian Literature Abroad organisiert. BusinessPortal Norwegen sprach mit Margit Walsø, Direktorin des Zentrum, über den Gastlandauftritt.
Frau Walsø, was bedeutet der Auftritt als Ehrengast für Norwegen konkret?
Für uns ist dieses Projekt eine einmalige Chance, norwegische Literatur, die ja ohnehin in Deutschland schon sehr bekannt und beliebt ist, noch bekannter zu machen und sie einem großen internationalen Publikum vorzustellen. Vor allen bekommen junge Autoren hier eine Chance. Insgesamt sind seit Herbst vergangenen Jahres 510 Buchtitel norwegischer Autorinnen und Autoren sowie Titel über Norwegen in 217 Verlagen in Deutschland erschienen. Diese Bücher zeigen wir in Frankfurt am Main. Von diesen 510 Titeln wurden 229 erstmals aus dem Norwegischen ins Deutsche übersetzt, darunter die Titel von 80 Autoren, die vorher noch keine deutsche Ausgaben hatten. Einhundert Autoren sind zur Buchmesse anwesend und können im Gespräch mit potenziellen Lesern den deutschen Markt kennenlernen.
Außerdem sehen wir unsere Präsentation als eine Plattform zur Diskussion über aktuelle gesellschaftliche Themen.
Norwegen ist ja schon lange Aussteller auf der Buchmesse.
Norwegische Verlage stellen seit vielen Jahren auf der Frankfurter Buchmesse aus. Auch in diesem Jahr zeigen sie neben dem Ehrengast-Pavillon ihre Neuerscheinungen in Halle 5. Die Zusammenarbeit mit internationalen Verlagen und Buchhändlern ist sehr eng. Allerdings können sich kleine Verlage eine Präsenz auf einer solchen Messe oft nicht leisten. Das ist in diesem Jahr anders. Wir haben viele kleine norwegische Verlage mit auf die Messe gebracht, die sich erstmals einem internationalen Publikum vorstellen. Wir wollen den norwegischen Büchermarkt weiter ausbauen und gehen davon aus, dass gerade in den kleinen Verlagen und bei neuen Autoren noch viel Potenzial steckt.
Gab es schon vergleichbare Auftritte im Ausland?
Nein, es ist das größte Projekt, das Norwegen je im Ausland organisiert hat. Und es geht ja nicht nur um Literatur, sondern auch um Kultur. Wir nutzen die Möglichkeit, Norwegen in all seiner ganzen Vielseitigkeit vorzustellen: Theater, Jazz, klassische Konzerte oder Ausstellungen.

Wir haben in Vorbereitung des Ehrengast-Auftritts Buchhändler, Verlage, Journalisten, Kuratoren, Regisseure oder Clubbesitzer nach Norwegen eingeladen, damit sie uns helfen, Projekte auszuwählen, die für eine Präsentation in Deutschland interessant sind. Die Ausstellung „Hannah Ryggen. Gewebte Manifest”, die bis zum 12. Januar 2020 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt zu sehen ist, kam beispielsweise zustande, weil wir deutsche Kuratoren in verschiedene Museen nach Norwegen eingeladen haben. Und die gewebten Teppiche mit interessanten gesellschaftlichen Motiven von Hanna Ryggen hat eben die Vertreter der Schirn Kunsthalle begeistert. Bei den Vorbereitungen insgesamt hat uns der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sehr unterstützt.
Das heißt, Sie haben für die Präsentation auch richtig Geld in die Hand genommen. Welches Budget stand für all die Aktionen zur Verfügung?
Wir hatten ein Budget von fünf Millionen Euro.
Haben Sie keine Bedenken, dass diese starke Präsenz Norwegens in den Medien und in öffentlichen Einrichtungen eher als PR-Aktion wahrgenommen wird?
Wir haben in der Tat fast alle Projekte hier in Deutschland auch finanziell unterstützt. Das sehe ich nicht als PR, sondern als einen Beitrag zum kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Norwegen. Insbesondere ist das Geld in Verlage geflossen, auch in deutsche Verlage, und kam so den norwegischen Autoren zugute. Einer der Schwerpunkte unserer Arbeit ist die Unterstützung von Übersetzungen norwegischer Titel. Verlage können sich um Förderung bewerben, und wenn die Bedingungen stimmen, übernehmen wir 50 Prozent der Übersetzungskosten norwegischer Titel. In normalen Jahren kommen 35 bis 50 Titel in diesen Genuss. Seit September vergangenen Jahres haben wir über 500 Übersetzungen finanziell gefördert.
Wie geht es weiter mit der deutsch-norwegischen Zusammenarbeit nach der Buchmesse?
Das Projekt „Norwegen als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse“ ist nicht nach fünf Tagen beendet. 2020 wird es ein Follow-up geben. Wir wissen noch nicht, wie das genau aussehen wird – aber wir werden die Kontakte und aufgebauten Beziehungen natürlich weiter für unsere Autoren nutzen.
Worin besteht das Geheimnis des Erfolges norwegischer Autoren im Ausland?
In Norwegen besteht ein gutes Fördersystem für die Literatur. Das beginnt schon in der Schule, wo man viel Mühe aufwendet, um die Kinder zum Lesen zu bewegen. Die Regierung unterstützt großzügig die Einführung neuer Titel in den norwegischen Markt, aber auch auf internationaler Ebene. Gegenwärtig erlebt unsere Literaturszene ein goldenes Zeitalter.
Es gibt außerdem ein großes Potenzial an hervorragende Übersetzern. Der Bedarf an guter Unterhaltung wächst ständig und das Bedürfnis, über gesellschaftliche Fragen zu diskutieren, ist hoch. All das – zusammen mit einer langen Tradition des Storytelling in Norwegen – macht den Erfolg norwegischer Literatur aus.