
Stuttgart, 13. September 2019. In dieser Woche erschien im Stuttgarter Verlag LangenMüller das Buch “Go East. Erfolge, Erfahrungen, Irrtümer. Wie unsere Wirtschaft den Osten Europas eroberte” von Jutta Falkner. Es schildert die Geschichte deutscher und österreichischer Unternehmen, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Märkte Ost- und Mitteleuropas eroberten. Während zahlreiche Veröffentlichungen zum Osthandel vor allem Politik und Institutionen in den Mittelpunkt stellen, betrachtet Falkner die Entwicklung der Ost-West-Wirtschaftsbeziehungen konsequent aus unternehmerischer Sicht und lässt die Akteure selbst zu Wort kommen.
Mit ihrem wirtschaftlichen Engagement in Ost- und Mitteleuropa unmittelbar nach dem Mauerfall 1989 trugen Unternehmen aus Deutschland und Österreich in hohem Maße zu den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in den ehemaligen Ostblockstaaten bei. Sie brachten Konsum, schufen Arbeitsplätze und machten damit die Vorteile der Marktwirtschaft gegenüber der Planwirtschaft sichtbar. In Go East analysiert Jutta Falkner die Erfolge und Niederlagen von damals und beschreibt Strategien zur raschen und erfolgreichen Erschließung einer Wirtschaftsregion.
Falkner setzt sie noch vor dem Beginn des Transformationsprozesses von der Plan- zur Marktwirtschaft an und beschreibt, wie der Handel zwischen deutschen und österreichischen Unternehmen und den Ministerien und Außenhandelsorganisationen in den RGW-Ländern konkret funktionierte, wie westliche Unternehmen Maschinen und Anlagen gegen Öl und Gas lieferten, Flughäfen und Chemiewerke bauten und auch Herrenunterwäsche und Doppelkorn als Zahlungsmittel akzeptierten.
Sie erzählt vom Bau eines Hüttenwerkes auf dem Gelände, auf dem sich im Zweiten Weltkrieg deutsche und sowjetische Panzer in der größten Landschlacht gegenüberstanden, die es je gegeben hat. 30 Jahre nach der Panzerschlacht am Kursker Bogen errichteten ausgerechnet deutsche Konzerne das Oskol Elektrometallurgische Werk (OEMK) als das modernste Hüttenwerk der Welt.
1980 boykottierte die westliche Welt die Olympischen Sommerspiele in Moskau. Deutsche Sportler durften nicht in das Zentrale Lenin-Stadion in Moskau einmarschieren. Der Flughafen, die Sportstätten und Hotels aber waren von deutschen Unternehmen gebaut und eingerichtet worden.
Falkner beschreibt, wie der Rechtsanwalt Michael Brenscheidt, Geschäftsführer der Brau und Brunnen International GmbH, die Gunst der Stunde zu nutzen wusste und die rumänische Brauerei Ursus im Zuge der Privatisierung für wenig Geld kaufte. Ursus ist heute die bekannteste und beliebteste Biermarke des Landes. Und sie lässt den Leser miterleben, wie die Übernahme des tschechischen Autoherstellers Škoda durch Volkswagen gelaufen ist.
Nikolaus Knauf, Inhaber der Gebr. Knauf KG, Iphofen, gibt im Gespräch mit der Autorin Auskunft darüber, wie er sein Gips-Imperium im Osten aufgebaut hat. “Die Geschichte hat bisher immer gezeigt, dass nach einem Systemwandel eine Zeit der Blüte kommt, des Aufbaus”, wusste Knauf schon damals. Und er gibt den Ratschlag: “Als Unternehmer sollte man sich vollkommen frei machen von der Politik. Man muss sie nur ertragen.“
Das Dilemma mit der Öl- und Gasindustrie fasst Falkner mit den Worten zusammen: “30 Jahre, nachdem die kommunistischen Regimes in Ost- und Mitteleuropa davongejagt wurden, streiten Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Europa und weltweit über die Verlegung zusammengeschweißter Rohre, als würde die ganze Rote Armee durch diese Pipeline nach Westeuropa geschleust.” Sie lässt diejenigen Vorstände deutscher und österreichischer Energieunternehmen zu Wort kommen, die mit dem russischen Gaskonzern Gazprom seit Jahren gut zusammenarbeiten, bringt aber auch zur Sprache, wie schwierig die Anfänge waren, bis Vertrauen zwischen den Partnern aufgebaut war.
Wie Protektionismus die Zusammenarbeit mit Russland erschwert, stellt sie am Beispiel des Landmaschinenherstellers Claas dar. Schließlich beschreibt sie auch die Rolle der deutschen und österreichischen Banken bei der Finanzierung von Handel und Investitionen im Transformationsprozess.
Heute gehören Deutschland und Österreicher in allen Ländern der Region Ost- und Mitteleuropa zu den führenden Handelspartnern. Als ein Erfolgsfaktor bei der Eroberung der Märkte sieht Falkner die Tatsache, dass Deutschland auf drei Schätze zurückgreifen konnte, die keiner anderen Nation in dem Umfang zur Verfügung standen: Ostdeutsche, Rumänien- und Russlanddeutsche, polnische und russische Ehefrauen und das deutsche Verbandswesen.
Im letzten Kapitel fasst Falkner Irrtümer, Erfahrungen und Erfolge zusammen und betrachtet es als schönsten und größten Erfolg, “dass deutsche Unternehmen als Wirtschaftspartner in allen Ländern willkommen sind”.
Über die Autorin
Dr. Jutta Falkner beschäftigt sich als Wirtschaftsjournalistin seit mehr als 30 Jahren mit den Ost-West-Wirtschaftsbeziehungen. Anfang der 90er-Jahre übernahm sie mehrheitlich die »Ost-West-Kontakte Verlags- und Werbegesellschaft mbH & Co. KG«, Hamburg, und baute sie als »OWC-Verlag für Außenwirtschaft GmbH« zu einem der führenden Außenwirtschaftsverlage Deutschlands aus. Die Publikationen befassten sich schwerpunktmäßig mit den Märkten Ost- und Mitteleuropas sowie Asiens. Die wirtschaftliche Erschließung von Ost- und Mitteleuropa durch westliche Unternehmen hat sie unmittelbar begleitet und kommentiert. Nach dem Verkauf des Verlages gibt sie heute u. a. das BusinessPortal Norwegen heraus.
Das Buch kann hier über den Verlag bestellt werden.
© 2019 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, Stuttgart , 240 Seiten, Hardcover
ISBN: 978-3-7844-3527-5
24,00 EUR* D / 24,70 EUR* A / 32,50 CHF* (UVP)
www.langen-mueller-verlag.de