
1965 wurden Straßenbahnen aus Bergen verbannt. Nun werden immer weitere Strecken gebaut.©Hans Bodmer
Bergen, 27. März 2019. Bybane, der Betreiber des öffentlichen Schienen-Nahverkehrs in Bergen, hat die Tradition der Straßenbahn in der alten Hansestadt Bergen wiederbelebt. In Bergen war das alte Straßenbahnnetz 1965 stillgelegt worden. Die Tramfahrzeuge wurden im Fjordwasser versenkt. Die Erinnerung an die Straßenbahn wurde mit Bildern in Restaurants und öffentlichen Gebäuden wach gehalten. Im Jahr 2010 folgte die Eröffnung des ersten Abschnittes der heutigen Bybane. Seither ist diese Kombination von Straßenbahn und S-Bahn mit eigener Trasse eine in Norwegen einmalige Erfolgsgeschichte. Zudem ist Bergen die einzige norwegische Stadt mit einer Trolleybuslinie, also Bussen mit einer Oberleitung.
Mit der ersten Sprengung für den 2,9-Kilometer-langen-Løvstaken-Tunnel haben im Januar die Arbeiten für die neue Bybane-Linie nach Fyllingsdalen begonnen, ein Stadtteil mit 30.000 Einwohnern. Im vergangenen Jahr hatte Bybanen Utbygging mit der schweizerischen Marti Tunnelbau AG den Bauvertrag für zwei insgesamt vier-Kilometer-lange-Tunnel und zwei Kavernen an der Endstation als unterirdische Tramdepots unterzeichnet. Die Erstellung der neuen Bybane-Linie ist aufwändig und führt nebst den Tunnelbauten zum Abriss von Häusern, der Verlegung von Fernwärme-Leitungen sowie geänderten Straßenführungen. Die Gesamtkosten sind mit 6,2 Milliarden NOK veranschlagt. Der Betrieb soll Ende 2024 aufgenommen werden.
Die neue 10,8-Kilometer-lange-Strecke nach Fyllingsdalen weist zehn Haltestellen auf. Die Fahrzeit wird 20 Minuten betragen. Ebenso wie zum Flughafen Flesland beginnt die Fahrt im Bergener Zentrum an der Haltestelle Kaigaten. Nach der ersten Haltestelle Nonneseter folgt die Neubaustrecke, die nach der unterirdischen Haltestelle Haukeland sykehus (Krankenhaus) in Kronstad wieder die Linie nach Flesland erreicht und überquert. Danach folgt der baulich anspruchsvolle Abschnitt über Kristianborg nach Fyllingsdalen terminal und zur Endstation Spelhaugen.
Nach der Fertigstellung der Linie 1 zum Flughafen Flesland im April 2017 sollte eigentlich zuerst die nach Norden verlaufende Strecke nach Åsane gebaut werden. Doch entbrannte wegen der Linienführung entlang des Weltkulturerbes Bryggen ein heftiger Streit. Die Gegner verlangen wegen der als Verschandelung empfundenen Fahrleitungsanlagen einen Tunnel. Dabei hatte schon in alten Zeiten eine Tramlinie über Bryggen geführt. Der Streit ist endlich zu Gunsten der offenen Linienführung entschieden worden. Doch wegen den Verzögerungen wird der Streckenbau nach Fyllingsdalen vorgezogen.
Jürg Streuli, Fachjournalist Transport und Logistik
juerg.streuli@swissonline.ch
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