
Das Fraunhofer Center for Maritime Logistics and Services, Hamburg, und das norwegische Forschungsinstitut SINTEF OCEAN, Trondheim, arbeiten seit langer Zeit gemeinsam an der Entwicklung der Technologie der autonomen Schifffahrt. BusinessPortal Norwegen sprach nach dem ersten Deutsch-Norwegischen Ocean Forum mit Hans-Christoph Burmeister, Projektleiter im Bereich autonome Schifffahrt beim Fraunhofer Center for Maritime Logistics and Services, über die Perspektiven und den aktuellen Stand der Entwicklungen dieser Technologie.
Herr Burmeister, Sie beschäftigen sich seit langer Zeit mit der autonomen Schifffahrt. Sie koordinierten das europäische Forschungsprojekt MUNIN zu unbemannten Schiffen und sind technischer Koordinator der European Maritime Simulator Network EMSN. Was beinhalten diese Projekte und wie ist Norwegen darin eingebunden?
Das Projekt MUNIN – Maritime Unmaned Navigation through Intelligence in Networks – war ein kooperatives Forschungsprojekt, das von der Europäischen Kommission mitfinanziert wurde. Es wurde 2015 abgeschlossen. Man kann sicher sagen, dass MUNIN den Nukleus der Entwicklung der autonomen Schifffahrt bildete. Hauptakteure waren das Fraunhofer Center for Maritime Logistics and Services und das norwegische Forschungsinstitut SINTEF OCEAN. Die heutigen Arbeiten zur Entwicklung der autonomen Schifffahrt bauen auf den Ergebnisse dieses Projektes auf.
Das European Maritime Simulator Network EMSN wird ebenfalls von der EU kofinanziert. Hier werden länderübergreifende Trainings zur Schiffsführung organisiert und verschiedene Konzepte getestet. Insgesamt hat das EMSN zwölf Standorte mit Schiffsführungssimulatoren in Europa, unter anderem ist die Universität Bodø ein Partner.
Worum geht es bei der autonomen Schifffahrt eigentlich? Die Einsparungen bei den Personalkosten allein rechtfertigen wohl kaum den Aufwand, mit dem momentan an der Entwicklung dieser Technologie gearbeitet wird.
Das ist richtig. Treiber der Entwicklung sind auch nicht die Reeder, sondern die Logistikunternehmen und – wie im Falle des autonomen Schiffes Yara Birkeland – die Industrie. Die autonome Schifffahrt kann die Gesamtlogistik auf dem Meer verändern, kann die Schifffahrt und die Hafenlogistik flexibler und effizienter machen.
Momentan werden die Schiffe, die gebaut werden, immer größer. Damit werden zwar die Kosten pro Container verringert, die Flexibilität aber leidet darunter. Ein großes Containerschiff schickt man einmal pro Woche auf Tour, mit Halt in vielen Häfen. Kleine Schiffe dagegen können schneller und flexibler eingesetzt werden.
Was die Personaleinsparung betrifft: Hier geht es nicht nur um die Gehaltskosten. Schiffe, die keine Menschen mehr an Bord haben, brauchen auch keine Brücke, keine Klimaanlagen, keine Kabinen, Wasserversorgung oder Abwasserentsorgung. Es werden ganz andere, kostengünstigere Schiffe gebaut.
Das Containerschiff Yara Birkeland, das gegenwärtig vom norwegischen Unternehmen Kongsberg im Auftrag des Düngemittelkonzerns Yara gebaut wird, gilt als das fortschrittlichste Projekt auf dem Gebiet der autonomen Schifffahrt. Wie weit ist die Entwicklung in anderen Ländern fortgeschritten?
Neben Norwegen treibt Finnland die Entwicklung der autonomen Schifffahrt als Pionier zügig voran. Der Technologiekonzern Rolls-Royce und der finnische staatliche Fährbetreiber Finferries haben Anfang Dezember die erste vollautonome Fähre der Welt im Archipel südlich der finnischen Stadt Turku präsentiert. In Finnland gibt es ein starkes Cluster zur autonomen Schifffahrt. Aber auch Dänemark und Großbritannien treiben die Technologie voran. Belgien und die Niederlande arbeiten am Einsatz auf Inlandgewässern. Korea hat eine große Initiative gestartet, und Japan ist ebenfalls auf diesem Gebiet aktiv.
In Deutschland beschäftigt sich das Projekt FernSAMS mit dem Einsatz ferngesteuerter Schlepper bei An- und Ablegemanövern großer Schiffe.
Wann werden nur noch unbemannte Schiffe über die Meere fahren?
Voraussetzung für den Einsatz unbemannter Schiffe ist es, dass die Regularien vorhanden sind. Hier leistet die Zertifizierungsgesellschaft DNV GL gute Arbeit, denn sie war von Anfang an bei der Entwicklung der Technologie mit im Boot.
Sicher braucht es noch lange Zeit, bis ein autonomes Schiff lange Strecken bewältigt. Vorerst sehe ich die Küsten- und Binnenschifffahrt als sinnvolle Einsatzgebiete.