CCS – Pioniere der Abtrennung und Speicherung von Kohlendioxid

Rund 250 Kilometer vor der norwegischen Küste begann 1996 ein einmaliges Projekt: Auf der Gasförderplattform „Sleipner“ trennte der norwegische Energiekonzern Statoil Kohlendioxid vom geförderten Erdgas ab und verpresste es in 800 Metern Tiefe unter dem Meeresboden. Zwölf Jahre später wurde im Snøhvit-Gasfeld in der Barentssee ein unterirdisches Lager für das ungeliebte Treibhausgas angelegt, das bei der Erdgasförderung mit an die Erdoberfläche gelangt.

Norwegen ist ein Pionier der Abtrennung und Speicherung von Kohlendioxid. Die norwegischen Aktivitäten sind die einzigen CCS-Projekte (CCS – carbon capture and storage), die gegenwärtig in Europa betrieben werden. Und das Land hat große, kühne Pläne: Bis 2022 will die norwegische Regierung mindestens ein CCS-Demonstrationsprojekt realisieren, das die ganze Kette der Abtrennung, des Transports und der Lagerung von CO2 umfasst und zeigt, dass CCS machbar, sicher und finanzierbar ist.

Weiter in die Zukunft gedacht will das Land in der Lage sein, ein System zu entwickeln, um ganz Europa von seinen unerwünschten Kohlenstoffemissionen zu befreien. Fabriken aus allen  Ländern könnten ihre Treibhausgase, die jetzt noch aus den Schornsteinen in die Atmosphäre  geblasen werden, bald auf Schiffen nach Norwegen leiten und dort in Speicher unter dem  Meeresboden versenken.

2007 gründete das norwegische Ministerium für Petroleum und Energie das Unternehmen  Gassnova, das die CCS-Technologie vorantreiben, Möglichkeiten der Kostenreduzierung finden und Projekte implementieren soll. Darüber hinaus vertritt Gassnova die staatlichen Interessen beim Technologiezentrum Mongstad (TCM), ein Joint Venture zwischen dem norwegischen Staat, Statoil, Shell und Sasol. TCM wurde 2012 gegründet und ist das größte und fortschrittlichste Testzentrum für die Abspaltungstechnologie von Kohlendioxid in der Welt. Es steht jedem Unternehmen für eigene Tests offen.

Im Jahr 2016 erstellte Gassco, Norwegens größter Erdgasexporteur, eine Studie zum Schiffstransport, Statoil veröffentlichte eine Feasibility-Studie zur CO2-Lagerung an drei verschiedenen Orten auf dem Norwegischen Kontinentalschelf. Darüber hinaus testeten drei norwegische Industrieunternehmen die CO2-Abspaltung in ihren Anlagen: Norcem AS, ein Tochterunternehmen der deutschen Heidelberg Cement, untersuchte in der Praxis die Möglichkeit der Abspaltung von CO2 bei Rauchgas in seiner Zementfabrik in Brevik, Yara Norge AS testete die Abspaltung an drei verschiedenen Punkten in seinem Ammoniak-Werk in Porsgrunn, und die Waste-to Energy Agentur der Stadtadministration Oslo (EGE) erprobte die CO2-Abspaltung in der Müllaufbereitungsanlage Klemetsrudanlegget AS in Klemetsrud. Das Abfallaufbereitungswerk ist die größte Quelle von CO2-Emissionen in Oslo.

Von diesen drei Standorten in Ostnorwegen soll das Gas in komprimierter Form per Schiff an die Westküste transportiert werden, von wo es per Pipelines am Meeresboden zu Injektionsbohrungen westlich des Gasfeldes „Troll“ gepumpt und dort in 1.000 bis 2.000 Metern Tiefe unter dem Meeresboden dauerhaft verpresst wird.

Die Ergebnisse aller Test haben gezeigt, dass der gesamte CCS-Prozess in Norwegen technisch realisiert werden kann. Die Kosten haben sich als geringer erwiesen als bei Projekten, die in der Vergangenheit untersucht wurden. Die Planung und das Investitionsvolumen werden auf 0,86 bis 1,5 Milliarden US-Dollar geschätzt. Die Betriebskosten variieren zwische 42 und 106 Millionen US-Dollar pro Jahr für die verschiedenen Varianten. Die Angaben basieren auf Schätzungen der Industrieunternehmen und können um +/- 40 Prozent variieren.

Als Basis für weitere Investitionsentscheidungen sollen alle Testergebnisse im Herbst 2018 vorliegen, eine abschließende Entscheidung zur weiteren Finanzierung der CCS-Technologie wird das norwegische Parlament im Frühjahr 2019 treffen.

Foto: Das Müllaufbereitungswerk in Klemetsrud©Morten Brakestad, Klemetsrudanlegget

Artikel aus dem Buch „Norwegen superlativ – Rankings Rekorde Innovationen„.

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