
Norwegens private Business School BI, auf Norwegisch Handelshøyskolen BI, gehört zu den renommiertesten Bildungseinrichtungen für eine Management-Aus- und Weiterbildung in Norwegen. Absolventen der BI sind heute in den Führungsetagen zahlreicher norwegischer, aber auch ausländischer Unternehmen und Einrichtungen zu finden. Allerdings bleibt es eine Herausforderung, Lehrkräfte und Studenten aus dem Ausland zu akquirieren. BusinessPortal Norwegen sprach mit Marius Eriksen, Vizepräsident der BI Norwegian Business School, über Rekrutierung, Innovation und skandinavisches Management.
Herr Eriksen, wodurch unterscheidet sich BI von anderen großen Business Schools in Europa?
BI hat ein deutliches Business-School-Profil. Insofern unterscheiden wir uns auf den ersten Blick nicht so sehr von anderen Anbietern. Aber in Norwegen ist BI etwas Besonderes, weil wir eine private Institution sind. Unsere Studenten bezahlen also Studiengebühren – und das in einem Land, in dem die Ausbildung inklusive Studium prinzipiell gratis ist. Sie bezahlen sogar recht viel für Ausbildungen in Fachbereichen, die auch an anderen öffentlichen Institutionen gelehrt werden. Der Unterschied: Wir haben es geschafft, unseren Studenten eine Ausbildung zu geben, mit der sie besser als andere im Arbeitsmarkt vorankommen. Leute, die ihren Abschluss bei BI machen, die bekommen das hin. Das zeigt unsere Geschichte.
Momentan, da die norwegische Wirtschaft unter dem niedrigen Ölpreis zu leiden hat und Entlassungen auch das Management treffen, werden wir allerdings herausgefordert. Unsere Studenten müssen einen Job bekommen – das ist das einzige, was wirklich etwas bedeutet.
Dann kann man sich fragen, woher dieser X-Faktor kommt. Das hat sicher etwas damit zu tun, wen diese Leute während des Studiums treffen und worauf die Examen und Aufgaben ihren Fokus richten. Wir sind relevant für die Wirtschaft und nah an der Wirtschaft. Diese Fähigkeit macht uns in Norwegen einzigartig.
Und schließlich: Im internationalen Wettbewerb ist es mehr das skandinavische Management- und Business-Modell, das uns besonders und attraktiv macht. Das hat ja inzwischen seinen ganz eigenen Markenwert und bekommt in Deutschland, Russland , China und anderen Teilen der Welt viel Aufmerksamkeit. Sicher ist nicht jeder davon überzeugt, dass das eine gute Methode ist, um eine Firma zu leiten. Aber so machen wir das nun mal in Nordeuropa, und für viele Manager oder angehende Manager ist es attraktiv, mehr darüber zu lernen.
Wie finden Sie gute Lehrkräfte?
Wenn wir gute Lehrkräfte engagieren wollen, bekommen wir allerdings zu spüren, dass Norwegen nicht zu den attraktivsten Standorten gehört. Wenn Sie in Barcelona wohnen, dann ist Norwegen für Sie fast am Nordpol. In Oslo ist es kalt, das Wetter ist schlecht und der Sommer kurz. Deswegen müssen wir einen Tick besser sein als der Rest der Welt, um Studenten und Professoren zu überzeugen, zu uns zu kommen.
Der Arbeitsmarkt für gute Professoren ist global und kompetitiv. Wir sind nicht Harvard und Princeton, sondern stehen in der zweiten Reihe hinter diesen enorm attraktiven Eliteschulen. Aber in dieser zweiten Reihe haben wir im Wettbewerb mit den Anderen etwas anzubieten: Das Allerwichtigste, um talentierte Fachleute zu engagieren, ist eine gute akademische Gemeinschaft. Aber das ist natürlich ein Form von Catch Twenty-two: Man bekommt keine guten Professoren, bevor man nicht andere gute Professoren an der Fakultät hat. Aber da müssen wir einfach langfristig arbeiten – die Professoren fördern, die bei uns sind, und bei Neuanstellungen das Niveau immer etwas höher schrauben.
In jüngster Zeit hatten wir auch etwas Glück. Enge Budgets bei den Hochschulen in Europa haben unser Lohnniveau plötzlich attraktiv gemacht. Und das neue Regime in den USA hat amerikanische Universitäten und Hochschulen vom Olymp gestoßen. Trotzdem, es ist ein harter Kampf – wir müssen kreativ sein und gute Lösungen finden, um Leute zu uns zu bekommen.
Wenn Sie Studenten für einen globalen Arbeitsmarkt ausbilden, welche Rolle spielen da die norwegischen Wurzeln von BI?
Da kann ich nur sagen: eine große Rolle. Nun wird ja auch unser Professorenstab immer internationaler – das sind bei weitem nicht nur Ur-Norweger, sondern Sie finden bei uns Niederländer, Amerikaner, Deutsche, Kroaten, etc.. So gesehen werden wir global. Andererseits reizt diejenigen, die zu uns kommen, der Norden. Dadurch wird man wohl auch etwas nordisch beziehungsweise skandinavisch.
In einer globalisierten Welt, in der wir alle unsere Unterschiede und Besonderheiten verstehen müssen, ist es besonders wichtig, diese Besonderheiten auch zu behalten. Und das Selbstbewusstsein zu haben, um sagen zu können: Dieses Modell, glauben wir, ist gut genug. Es ist eine Alternative, die mit anderen Alternativen konkurrieren kann, wenn es darum geht, eine Organisation zu strukturieren und Mitarbeiter zu leiten – ein gutes Modell auf Augenhöhe mit anderen Modellen.
BI arbeitet mit norwegischen Firmen zusammen. Fokussieren Sie diese Zusammenarbeit auf bestimme Branchen oder Themen?
Diese Art der Zusammenarbeit hat zwei Bestandteile. Erstens müssen wir als Handelshochschule relevant für die gesamte norwegische Wirtschaft sein. Die Wirtschaft hat einen Ausbildungsbedarf. Diesen Bedarf decken unsere Corporate Programme, maßgeschneiderte Programme für Management-Teams.
Beim Kontakt mit Firmen steht keine bestimme Branche im Vordergrund. Für uns ist das Feedback der Wirtschaftsakteure wichtig: Wie sehen sie die norwegische Wirtschaft?
Und dann arbeiten wir hart daran, dass unsere Studenten eine Praxisperiode bekommen. Und dafür brauchen wir auch gute Beziehungen zur Wirtschaft.
Dort, wo die norwegische Wirtschaft ihre Kernkompetenz hat, bei Ocean Industries, Energie und Umwelttechnologie, sind wir für ausländische Studenten hoch attraktiv. Sie können hier studieren und eine Praxisperiode in diesen Bereichen bekommen. Konsumgüter gibt es dagegen überall, da können wir uns gegenüber anderen Bildungseinrichtungen kaum abgrenzen.
Wer hat Kontakt zur Wirtschaft?
Die ganze Organisation – von den Studentenvereinen über das Karrierezentrum, einzelne Professoren und das Management haben alle gute Beziehungen zur Wirtschaft.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit Business Schools in anderen Ländern?
Die ist sehr wichtig, und dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist sie wichtig für unsere Professoren. Avancierte Forschungsarbeit passiert heute nicht mehr alleine, man braucht eine internationale Zusammenarbeit mit anderen guten Professoren. Davon gibt es ja auch viele in Deutschland.
Administrativ arbeiten wir mit sieben bis acht Schulen im Rahmen eines Benchmark-Netzwerks zusammen. Wir teilen viele Informationen, um voneinander zu lernen. Wir legen unsere Stärken und Schwächen offen, um besser zu werden – in Bereichen, in denen wir nicht konkurrieren, beispielsweise Studienadministration. Da sind auch Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz dabei. Das ist gut für alle Beteiligten.
Und dann profitieren unsere Studenten von der internationalen Zusammenarbeit. Es gibt Aus- und Eintausch und Double Degree Agreements. Das wird wohl auch mehr werden. Für unsere Studenten ist das hilfreich – alle werden irgendeinen internationalen Teil bei ihrer Arbeit haben. Wir engagieren uns auch für Internationale Internships, also für einen Studienaustausch und eine Praxisperiode im Ausland. Zum Beispiel können Sie bei der Bocconi Business School in Mailand studieren und bei L’Oreal in Italien ihre Praxisperiode machen. Davon möchten wir mehr.
Die internationale Zusammenarbeit spielt auch eine Rolle bei der internationalen Bewertung. Das BI-Fudan-MBA-Programm der BI Norwegian Business School schaffte es zum Beispiel im Ranking der 100 besten Executive MBA-Programme der Financial Times im vergangenen Jahr auf Platz 39.
Wie werben Sie ausländische Studenten, besonders aus Deutschland, Österreich und der Schweiz?
Deutschland, Österreich und die Schweiz sind einige unserer Traummärkte für Studenten – westliche zivilisierte Länder mit guter Grund- und Bachelorausbildung. Besonders für das Masterniveau sind diese Studenten für uns attraktiv. Aber es ist sehr schwer, aus dem Ausland zu rekrutieren. Wichtig ist, präsent zu sein – auf Messen und Veranstaltungen – aber wir können nicht überall sein. Hier können wir noch besser werden, müssten noch näher am Ball sein.
Nur wenige außerhalb von Skandinavien haben von der Handelshochschule BI Norwegian Business School gehört, und das ist eine große Herausforderung. Trotzdem, wir machen das schon ganz gut. Wir haben die Ambition, bei den Master-of-Science-Programmen dynamisch zu wachsen – und das muss durch internationale Studenten passieren.
Norwegen befindet sich mitten in einem Umstellungsprozess. BI muss Studenten für ein Zeitalter nach Öl und Gas ausbilden, für eine nachhaltige Wirtschaftsordnung. Welche Rolle spielt BI in diesem Prozess?
Die Fächer, die wir in unseren Programmen anbieten, sind immer relevant – ob es für Öl und Gas oder die grüne Wirtschaft ist. Die Rechenstücke sind dieselben, aber die Elemente sind anders.
Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Studenten die Problematik verstehen und dass sie darüber rational nachdenken und argumentieren können. Wir arbeiten besonders im Bachelor-Niveau damit, dass unsere Studenten zu Innovation beitragen können. Sie müssen nicht unbedingt neue Technologien erfinden, aber Technologen, Ingenieuren oder Pharmazeuten beistehen um zu sichern, dass wir mit Marketing, Verkauf und Finanzen Erfolg haben. Zu viele Ideen in Norwegen waren gut und sind gescheitert, weil wir kommerziell nicht gut aufgestellt waren. Lange Zeit galt kommerzielles Interesse sogar als unangemessen. Das ändert sich jetzt allerdings. Insofern existiert gerade jetzt im Umstellungsprozess ein enormer Bedarf an unseren Angeboten.
Was ist BIs Vision?
BI ist eine Stiftung, und unser Stiftungsziel besteht darin, zur Forschung in wirtschaftlich-administrativen Disziplinen beizutragen. Wir haben die Pflicht, die norwegische Gesellschaft auszubilden. Dabei gehen wir recht selbstbewusst davon aus, dass Management-Disziplinen dazu einen wichtigen Beitrag leisten – sie waren schon immer wichtig und werden es auch in Zukunft sein.
Dabei verfolgen wir drei konkrete Ziele, unsere drei I’s: Impact, Internationalization und Interaction.
Impact – Die Forschung soll dazu beitragen, dass die Wirtschaft ihre Praxis verändert. Das soll sowohl durch direkte Forschungsvermittlung als auch indirekt durch unsere Studenten passieren.
Internationalization – Studenten, die BI wählen, sollen sich exponiert in einem internationalen Umfeld bewegen. Dazu gehören internationale Studenten im Klassenzimmer, ein internationaler Fokus in unseren Kursen und internationale Perspektiven in den Aufgaben, die unsere Studenten lösen müssen.
Interaction – Wir arbeiten eng zusammen mit der Akademie, der Wirtschaft, dem öffentlichen Sektor und Interesseorganisationen. Wir wollen in der gesellschaftlichen Debatte aktuell und relevant einen Beitrag leisten.
Schließlich ist unsere Ambition. uns zu einer der führenden Business Schools in Europa zu entwickeln. Wir sind auf gutem Weg.
Herzlichen Dank für das Gespräch.