
Hamburg, 12. Dezember 2016. Der Seehandel wird 2017 nach der Prognose der Klassifikationsgesellschaft DNV GL um 2,4 Prozent wachsen – so viel wie in diesem Jahr. Allerdings wird sich das Wachstum im Ölhandel (Rohöl und Produkte) um rund zwei Prozent verlangsamen. „Unglücklicherweise fällt das geringere Handelswachstum zeitlich mit einem Flottenwachstum zusammen, das 2017 sowohl bei Rohöl- als auch Produktentankern fünf Prozent übersteigen wird”, erklärte Jakub Walenkiewicz, Principal Market Analyst für Business Development Projects DNV GL auf der jüngsten Sitzung der DNV GL-Tankerarbeitsgruppe, auf der die neuesten Trends im Tankersegment vorgestellt wurden. Die Prognose für 2017 bleibe schwierig, vor allem aufgrund des Flottenwachstums. Bei einer begrenzten Zunahme des Bedarfs werden die Charterraten wahrscheinlich stark unter Druck geraten, so Walenkiewicz.
„Wir gehen allerdings immer noch davon aus, dass sich die Verschrottung beschleunigen wird, denn die günstigen Märkte hatten Eigner bisher davon abgehalten, ihre alten Schiffe abzuwracken. Mit wachsendem Druck auf die Raten werden wir wahrscheinlich erleben, dass eine größere Anzahl an Schiffen vom Markt genommen wird”, erklärte er.
Bei großen Öltankern (Very Large Crude Carriers/VLCC) ist DNV GL vorsichtig optimistisch, da in diesem Bereich im Vergleich zu Suezmax- und Aframax-Schiffen weniger Ablieferungen erfolgen. Darüber hinaus wird dieses Segment durch eine wachsende Nachfrage aus Asien (insbesondere aus China und Indien) angekurbelt. Produktseitig könnte es sein, dass bei Mittelstreckentankern mit einer etwas höheren Vertragsvergabe zu rechnen ist, da das Auftragsbuch in diesem Sektor schnell voll ist. Für 2017 rechnet DNV GL mit rund 70 auszuliefernden Schiffen, was zahlenmäßig der Hälfte der 2016 ausgelieferten Schiffe entspricht.
Neben dem Marktausblick für das Tankersegment standen bei dem Treffen die Auswirkungen bevorstehender Emissionsvorschriften im Mittelpunkt der Diskussion. Das bevorstehende Inkrafttreten der Konvention setzte die Branche zeitlich stark unter Druck, die Systeme rechtzeitig zu installieren, erklärte Eirik Nyhus, Director Environment bei DNV GL. „Ein kürzlich gestellter Antrag fordert zwar, den Termin der Inkraftsetzung für den D-2-Standard, der die Ballastwasseraufbereitung abdeckt, um ein paar Jahre zu verschieben. Ob diesem Antrag stattgegeben wird, bleibt jedoch mindestens bis zur 71. Sitzung des MEPC (Marine Environment Protection Committee) im Juli 2017 unklar.”
In der Zwischenzeit habe es einige Entwicklungen bei den Zulassungen für Ballastwasser-Aufbereitungssysteme seitens der US-Küstenwache gegeben. Alfa Laval, Optimarin und OceanSaver seien einige der ersten Hersteller, die einen Antrag auf eine Typenzulassung bei der USCG gestellt haben, erklärte Nyhus. DNV GL hat die Anträge im September eingereicht und geht davon aus, vor Ende des Jahres weitere Anträge für andere Systeme einreichen zu können. Diese Ballastwasseraufbereitungssysteme umfassen UV-Systeme, Elektrolyseanlagen und chemische Injektionssysteme.
In seinem Vortrag über die Ergebnisse der letzten Ausschusssitzung des MEPC gab Nyhus auch einen Überblick über einige bevorstehende Vorschriften. „Der Ausschuss hat sich bereits darauf geeinigt, Nord- und Ostsee zu Stickstoffoxid-Emissionskontrollgebieten (NECAs) zu erklären, was eine Reduzierung der zulässigen Stickstoffoxid-Emissionen (NOx) um 80 Prozent zur Folge hätte“, erklärte Nyhus. Die endgültige Entscheidung sei nur noch eine Formsache, die erwartungsgemäß auf der nächsten MEPC-Sitzung zum Abschluss gebracht wird. Die neuen Stickstoffoxid-Emissionskontrollgebiete würden für Schiffe gelten, deren Kiellegung nach dem 1. Januar 2021 erfolgt. Derzeit gelten die Anforderungen von IMO NOx Tier III nur in den Emissionskontrollgebieten in Nordamerika und in der US-Karibik.
Die Tanker-Arbeitsgruppe (TWG) wurde 2006 gegründet. Mit ihr wurde ein repräsentatives Gremium für die Gemeinschaft der deutschen Tankerbetreiber geschaffen. Sie wird von vielen internationalen Organisationen wie INTERTANKO und BIMCO anerkannt. Die DNV GL-Tanker-Arbeitsgruppe ist eine Plattform für den Informationsaustausch für Best Practices und Themen rund um das Tankertagesgeschäft und basiert auf Personenmitgliedschaften.
An der 31. Sitzung der Tankerarbeitsgruppe in der maritimen Hauptzentrale der Klassifikationsgesellschaft in Hamburg nahmen 25 Vertreter aus der Tankerbranche teil. „Für Vertreter der Branche ist die Tankerarbeitsgruppe eine hervorragende Möglichkeit, um sich über regulatorische Entwicklungen, Innovationen sowie Herausforderungen und Chancen des Sektors auszutauschen”, sagte Catrine Vestereng, Business Director Tankers bei DNV GL. „Für uns als Klassifikationsgesellschaft bietet das Forum wertvolle Aufschlüsse über die Probleme, mit denen sich Kunden am häufigsten auseinandersetzen müssen. Dieser Erfahrungsaustausch gibt uns auch eine Indikation, wie wir unsere Services optimieren können.“