Branchenreport: Life-Science-Sektor

Oslo, 5. Februar (von Heiko Steinacher,gtai). Starkes Engagement und hohe Fördergelder seitens der Regierung machen Norwegens Biotechnologie-Branche zusehends international salonfähig. Immer mehr Risikokapitalfonds stellen Mittel bereit. Ein Schwerpunkt in dem Königreich ist seit vielen Jahren die Krebsforschung und -behandlung. Am Oslo Cancer Cluster wurde im August 2015 ein Innovationspark eröffnet, der schon bald ein internationales Testbed für Hochtechnologiemedizin werden könnte.

Medizinische Forschung und Biowissenschaften haben in Norwegen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die Regierung stellt hohe Fördermittel für Forschung und Entwicklung (F&E) im Life-Science-Bereich an Universitäten und Krankenhäusern bereit.

Venture-Capital-Gesellschaften blicken auf Norwegen

Auch zieht der Sektor zusehends das Interesse heimischer wie internationaler Risikokapitalgeber auf sich. Allein von Anfang des Jahres 2014 bis Mitte 2015 hat Norwegens Biotech-Branche etwa 1,2 Mrd. Norwegische Kronen (nkr; gut 130 Mio. Euro, 1 Euro = 8,9496 nkr im Jahresdurchschnitt 2015) an Anleihen vom Kapitalmarkt aufgenommen. Neben Seed- und Start-up-Fonds engagieren sich auch Co-Investoren wie die Industrieholding Gjelsten, der Zweig für die Vermarktung von Forschungsergebnissen der Universität Oslo und der Osloer Universitätsklinik Inven2 sowie die Kapitalbeteiligungsgesellschaften Birk Venture und Healthcap bei der Finanzierung von Biotech-Projekten.

Einer der Schwerpunkte Norwegens im medizinischen Bereich ist seit vielen Jahrzehnten die Krebsforschung und -behandlung. In den vergangenen zehn Jahren sind in diesem Bereich fast 20 neue Biotech-Unternehmen entstanden. Große Forschungszentren auf dem Onkologie-Gebiet sind die Universitätskliniken in Oslo, Bergen und Trondheim. Das Kernzentrum ist Oslo: etwa 70% der Krebsforschung des nordischen Landes konzentriert sich auf den Großraum der Hauptstadt.

Das Kompetenzzentrum Oslo Cancer Cluster, dem rund 70 Mitglieder – darunter die Pharmakonzerne Pfizer, Novartis und Merck Serono sowie wissenschaftliche Forschungseinrichtungen wie die Osloer Universitätsklinik, die Universität in Bergen und die Technisch-Naturwissenschaftliche Universität NTNU in Trondheim – angehören, gilt als eines der weltweit führenden im Bereich Krebsforschung und Healthcare.

Neuer Innovationspark am Oslo Cancer Cluster

Im August 2015 nahm am Oslo Cancer Cluster ein Innovationspark seine Arbeit auf, der ein Power Center für die Entwicklung neuer Krebstherapien werden soll. Der Cluster fördert die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Krankenhäusern und Wirtschaft auf mehreren Ebenen. Der neue Innovationspark – ein Investment von rund 1 Mrd. nkr – beherbergt einen Biotech-Inkubator für Onkologie-Start-ups, das norwegische Krebsregister sowie das Institut für Medizinische Informatik und Pathologie der Osloer Universitätsklinik. Ferner haben sich dort einige etablierte und junge Biotechnologie- und Biopharmaunternehmen angesiedelt, darunter Ultimovacs (Entwicklung eines universellen Krebsimpfstoffes), Lifandis (Life-Science-Industrieforschung mit Biomaterialbanken), Normetrix (Entwicklung neuartiger Krebs-Biomarker) und Lytix Biopharma (antimikrobielle, peptidbasierte Arzneimittel). Der neue Innovationspark strebt eine Führungsrolle in den Bereichen Präzisions-Onkologie und digitales Gesundheitswesen an, unter anderem als internationales Testbed für Hochtechnologiemedizin.

Der norwegische Forschungsrat stellt in den Jahren 2015 bis 2022 rund 1,6 Mrd. nkr für die Gründung von insgesamt 17 Zentren für forschungsgestützte Innovation (SFI) bereit. Das SFI-Programm stellt auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie ab. Im Jahr 2007 wurden die ersten 14 Zentren eröffnet, 2011 gingen weitere sieben und 2015 weitere 17 Zentren an den Start. Eine Übersicht über bestehende Zentren mit Internetlinks veröffentlicht der Forschungsrat auf seiner Homepage (http://www.forskningsradet.no, englische Sprachversion), Shortcut „Programme webpages“, „Centres for Research-based Innovation“, „Centres at a glance“.

Förderung der Biotechnologie in vier Themenbereichen

Im März 2015 hat die Regierung beschlossen, eine Bioökonomie-Strategie zu entwerfen; federführend dabei sind die Ministerien für Ernährung/Landwirtschaft, Handel/Industrie und Fischerei. Sie wird auf der im Dezember 2011 vorgelegten nationalen Biotechnologie-Strategie für die Jahre 2011 bis 2020 aufbauen. In jener wurden mehrere Themenbereiche festgelegt, in denen Norwegen biotechnologische Entwicklungen besonders forcieren will: Aquakultur, Meeresfrüchte und Bewirtschaftung der Meeresumwelt; agrarbasierte Lebensmittel und Biomasseerzeugung; umweltfreundliche industrielle Verfahren und Produkte; Gesundheit, Gesundheitsdienste und gesundheitsbezogene Branchen. Das Strategiepapier kann unter https://www.regjeringen.no/en, „Documents“, „Reports and Actionplans“ auf Englisch eingesehen werden.

Der Forschungsrat stellt 50 Mio. nkr für die Gründung eines Nationalen Zentrums für Digitales Leben und 200 Mio. nkr für sechs neue Forschungsprojekte bereit. Im ersten Fall handelt es sich um einen Zusammenschluss verschiedener Forschungsinstitutionen zu einer virtuellen Organisation; geleitet wird das Vorhaben von der NTNU, außerdem sind daran bisher die Universitäten in Oslo und Bergen beteiligt. Details zu den einzelnen Forschungsprojekten veröffentlicht der Forschungsrat auf seiner englischsprachigen Website unter „News“ (Kategorie „Funding“, Beitrag „NOK 250 million for a new biotechnology centre“ vom 7.10.15).

Die bedeutendsten Cluster für marine Biotechnologie sind Tromso und Bergen, wichtige Player gibt es aber auch in Trondheim und Oslo. Ihre Schwerpunkte liegen auf Bioprospektion, Bioverfahren, Verwertung von Nebenerzeugnissen des Fischereisektors, Fischfutter und -zucht sowie Nahrungsmitteltechnik. Über das Programm PROMAC stehen in den Jahren 2015 bis 2018 Fördergelder in Höhe von 35 Mio. nkr für Forschungsprojekte zur Kultivierung mariner Großalgen zur Verfügung. Zu den Erfolgsgeschichten zählt das Unternehmen Biotec Pharmacon, das ein Enzym entwickelt hat, welches inzwischen zu den meistverkauften DNA-modifizierenden Enzymen, die eine vollständige Hitzeinaktivierung entfalten, gehört.

Ausgaben für biotechnologische F&E nach Sektor und Hauptfinanzierungsquelle (Jahr 2013; in Mrd. nkr, sofern nicht anders angegeben)

Universitäts- und Hochschulsektor .davon Universitätskliniken Institutioneller Sektor Wirtschaft Summe
Insgesamt, davon 2.239 900 603 967 3.809
.öffentlich finanziert 1.859 771 413 40 2.311
.privat finanziert 381 129 190 927 1.498
Veränderung 1) 3,0 14,9 5,5 -17,9 -3,7
Biotechnologieanteil an allen F&E-Ausgaben 2) 14,0 32,5 4,9 4,3 7,5

1) 2013/2011 real in %; 2) in %

Quellen: Nordisk institutt for studier av innovasjon, forskning og utdanning (NIFU); Statistikamt SSB

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